Flachbildschirme und Trittbrettfahrer

Funkausstellung rühmt sich mit neuem Ausstellerrekord. Sender aber halten sich zurück. Konkurrenz in Leipzig

„2003 wird als Jahr des flachen Bildschirms in die Geschichte eingehen“

Einen neuen Ausstellerrekord verzeichnet die diesjährige Internationale Funkausstellung (IFA), die vom 29. August bis 3. September auf dem Messegelände unter dem Funkturm ihre Pforten öffnet. Der Geschäftsführer der Messe Berlin, Christian Göke, sagte am Dienstag, die alle zwei Jahre stattfindende Schau werde mit 958 Ausstellern um weitere drei Prozent gegenüber der IFA 2001 wachsen. Als Wermutstropfen gelten allerdings Auftritte von Konkurrenten vor der eigenen Haustür und in Leipzig.

Göke beschrieb die weltgrößte Messe der Unterhaltungselektronik als eine Art Konjunkturbarometer, da sie „gegen den Trend“ wachse. Unter Verweis auf die jüngste Konjunkturprognose des Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) sagte er, sie finde genau in einer Zeit statt, da die Kaufblockade bei den Konsumenten zu bröckeln beginne. Aber es gibt ganz gegen den von Göke verkündeten IFA-Boom auch Bröckelfaktoren bei der Funkausstellung selbst: Die Zahl der Ausstellerländer sank um vier auf 36, die Zahl der Messetage von neun auf sechs. Und der Sommergarten, seit den 70er-Jahren Bühne für die großen Live-Sendungen von ARD und ZDF und somit eine der Hauptattraktionen für das Publikum, muss nun völlig neu genutzt werden. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten werden zwar – im Gegensatz zur Privat-Konkurrenz – immerhin noch von eigenen Bühnen in den Hallen senden. Den diesjährigen Sommergarten muss die Messe aber selbst bespielen. Angekündigt ist derzeit ein tägliches internationales Musik-, Show- und Informationsprogramm. Details aber sind noch geheim und sollen erst kurz vor Messebeginn bekannt gegeben werden.

Erstmals kehrt auch der Optik- und Elektronikkonzern Canon in diesem Jahr der IFA den Rücken und öffnet sein 14.000 Quadratmeter großes Hightechzelt demonstrativ und zeitgleich am Leipziger Platz gegenüber dem Bundesrat. Die Deutschlandzentrale in Krefeld teilte mit, man wolle nach 15 Jahren IFA einmal etwas anderes machen. Die Rückkehr zu der Berliner Traditionsmesse sei nicht ausgeschlossen. Es gehe darum, das 30-jährige Jubiläum von Canon-Deutschland zu begehen und ein noch geheim gehaltenes „besonderes Produkt“ zu präsentieren.

Messe-Geschäftsführer Göke sprach dagegen von „Trittbrettfahrer“ und „Schmarotzer“, weil man von der Anwesenheit der IFA-Besucher in der Stadt profitieren wolle. Gespräche mit Canon hätten aber gezeigt, dass sich der Konzern der Gefahren für das Messewesen bewusst sei, die in seiner Entscheidung zum „Satellitentum“ lägen. Er verwies auf Düsseldorf, wo die derzeit stattfindende Modemesse CPD darunter leide, dass die großen Modemarken ihre Auftritte außerhalb der Messe inszenierten.

Ein weiterer Konkurrent ist die Computerspiele- und Softwaremesse „Games Convention“ eine Woche vor der IFA in Leipzig. Göke räumte ein, dass die IFA anders als beispielsweise auf dem Gebiet Hifi in diesem Segment weltweit nicht die erste Geige spiele. Er sei aber „sehr, sehr zuversichtlich, dass wir 2005 ganz anders aufgestellt sind“. Er sagte der Leipziger Konkurrenz voraus, dass sie ihre Messe „in dieser Intensität nicht durchhalten“ werde. 2005 würden „die Karten neu verteilt“.

Dennoch soll auch die diesjährige Funkausstellung unter dem Motto „Die Lust am Neuen“ Geschichte machen. „Das IFA-Jahr, da sind sich alle Experten einig, wird als Jahr des flachen Bildschirms in die Geschichte eingehen“, verkündete Rainer Hecker, Vorstandschef der Loewe AG. Für nicht ganz so flache Inhalte, müssen andere sorgen. AP, DPA, TAZ