berlinale szene In der Kinoblase

Smalltalk unmöglich

Ich kam gerade aus „Sturm“, da traf ich Jonas. Gerade noch Vergewaltigungscamps in Hans-Christians Schmids Film, jetzt Smalltalk. Mit einem Kumpel saß er auf ein paar Stufen am Potsdamer Platz und guckte sich den Festivalzirkus an. Es war der Höhepunkt seines Tages, denn gleich würde er wieder in der Stabi hinter Bücherstapeln verschwinden.

Es war eine Begegnung der unangenehmen Art. Das lag nicht an Jonas, der ein netter Kerl ist, nein, es lag eindeutig an mir. Menschen, die nichts mit der Berlinale zu tun haben, sind für Berlinale-Akkreditierte in diesen zehn Tagen KinoKinoKinoKino eine echte Herausforderung. Man will ja nicht unhöflich wirken, aber reden will man noch viel weniger. Man will einfach nur seine Ruhe und bei einer Tasse Kaffee dem Film nachhängen – bis der nächste losgeht.

Zur nächsten Berlinale wünsche ich mir deswegen eine Tarnkappe und einen Pappaufsteller, der mich im Freundeskreis vertritt. Zum Biertrinken mit den Jungs am Samstagabend hätte ich genauso gut ihn schicken können. Ich war müde und immer noch verkatert vom Vorabend, abwesend saß ich in meinem Sessel und stierte Löcher in die hässliche Tapete der Kneipe. Am Gespräch nahm ich nur teil, wenn ich angesprochen wurde (was sonst eher nicht meine Art ist). Gegen halb zwei ging ich nach Hause und ärgerte mich über meine miese Kondition, die es nicht erlaubte, noch zur Premierenparty zu fahren.

DAVID DENK