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: Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Morgen wird am Kottbusser Tor gegen den 12. Europäischen Polizeikongress demonstriert, der diesmal in Berlin stattfindet. „Erkenne deinen Feind“ ist wohl das heimliche Motto (18 Uhr). Etwas später wird im New Yorck 59 über das „Erbe der Situationisten“ gesprochen, und zwar von Leuten, die dieses Erbe für sich angenommen haben. „Indeterminate Kommunismus“ lautet ihr Credo und soll „eine freie und gerechte Gesellschaft virtuell ermöglichen“. „Virtuell“, das Wort ist, hm, sagen wir mal, interessant. Am Mittwoch dann wird wieder einmal das Amtsgericht Tiergarten in aller Frühe zum Schauplatz einer Demonstration der lokalen Solidarität. Noch immer wird gegen vermeintliche Mitglieder der sogenannten „militanten gruppe“ prozessiert, die Belege sind dünn, doch der Verknackungswille der Staatsanwaltschaft ist ungebrochen. Grund genug für solidarische Prozessbeobachtung. Dass hier allerdings die „heutige Klassenjustiz“ zum Zuge komme, wie die UnterstützerInnen verkünden, mag nicht recht einleuchten. Wie schon öfter angemerkt: Es ist besser, wenn man nicht einfach alles miteinander vermengt – nicht alles, was gut links klingt, ist auch gut links gedacht. Am Abend desselben Tages wird im Haus der Demokratie dann ebenfalls ein großer Bogen gespannt, die veranstaltende NaturfreundInnenjugend Berlin allerdings scheint sich mehr Gedanken gemacht zu haben. Zunächst wird vermittels des Films „Stalin hat uns das Herz gebrochen“ die Enttäuschung vieler nonkonformer KommunistInnen veranschaulicht, um anschließend in die Zeit 50 Jahre nach Stalins Tod zu springen. In einem Vortrag wird über die heutige Gedenkpolitik gesprochen, mit deren Hilfe im „Supergedenkjahr 2009“ gleich jeder kommunistische Politikansatz als stalinistisches Verbrechen gebrandmarkt werden soll. Ein großer Bogen, wie gesagt, doch auch spannend.

Polizeikongress-Demo, Kottbusser Tor, Di., 18 Uhr

Situationisten, New Yorck 59, Mariannenplatz 2, Di., 19.30 Uhr

Prozessbeobachtung: Amtsgericht, Turmstr. 91, Mi., 9 Uhr

Stalin: Haus der Demokratie, Greifswalder Str. 4, Mi., 19 Uhr