Kanzler: Extrapillen für Pharmaindustrie

Pharmachefs setzen bei Gerhard Schröder durch, dass ihre patentgeschützten Pillen weiter teuer bleiben dürfen

BERLIN taz ■ Hoch zufrieden zeigte sich die Pharmaindustrie am Tag nach der Runde im Kanzleramt mit dem Gespräch zum Thema Preisdeckelung von Medikamenten. „Wir begrüßen, dass der Kanzler sich eingeschaltet hat“, sagte der Sprecher des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VfA), Rolf Hömke.

Bei dem Treffen der Pharmachefs mit Gerhard Schröder, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (alle SPD) wurde vereinbart, dass zwar die Pharmaindustrie mit den in der Gesundheitsreform vorgesehenen Festbeträgen ein „Sparziel“ von einer Milliarde Euro jährlich zu erfüllen habe. Doch sollen die Preisdeckel für patentgeschützte Medikamente modifiziert werden. Die Pharmaindustrie soll mitbestimmen dürfen, welche Pillen in das Preisregulierungsverfahren einbezogen werden. Und sie muss nicht dulden, dass ihre teuersten Produkte in einen Preisabgleich mit Nachahmerpräparaten geraten.

Der SPD-Gesundheitsexperte Klaus Kirschner bezweifelt, dass die Pharmaindustrie unter diesen Umständen ab 2005 ihren Beitrag leisten wird. Mit der Einigung „ist ein wirkungsvolles Instrument weggebrochen“, die Arzneimittelpreise in den Griff zu bekommen, sagte Kirschner der taz. „Unglaublich brisant“ sei dies, weil die Zumutungen der Gesundheitsreform für die Versicherten „mit solchen Zugeständnissen an die Pharmaindustrie nicht unter einen politischen Hut zu bekommen sind“. Die Krankenkassen erklärten gestern, dass die Ausgaben für Pillen ab 2005 „dramatisch steigen“ werden, wenn die Festbeträge nicht „wie gesetzlich vorgesehen umgesetzt“ würden. Entsprechend weniger würden die Kassenbeiträge sinken. UWI

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