Ich mag Dich einfach nicht

Ein dürrer Mann mit Brille, der in einem Moment die Augen schließt, um im nächsten mit verzerrtem Gesicht seine Abneigungen zu verkünden: Travis Shettel kommt mit der Bostoner Band „Piebald“ ins Molotow

Zackiger, beatbetonter Punkrock, Dreiminuten-Songs über die Leiden der Endzwanziger, das Stakkato angezerrter E-Gitarren, mehrstimmiger Gesang, Breaks und Melodien – dazu ein Sänger, der mehr sein will als ein Pop- Produkt: Die amerikanische Band Piebald liebt Gefühlsduschen. Barsch klingen sie in einem Moment, das Schlagzeug stampft vor Wut und die E-Gitarren flirren im Ohr – doch im nächsten Augenblick tupft Sänger und Gitarrist Travis Shettel mit einigen sanften Orgeltönen die Wunden seiner Zuhörer.

Piebald sind jetzt mit ihrem neuen, vierten Album All Ears, All Eyes, All Time (Side One Dummy Records) im Molotow zu Gast, mit einem Album, das rundum glücklich machen kann – und die Bostoner Band endlich auch in Europa bekannt machen soll. Das könnte klappen, denn vor allem Travis Shettel hat all das, was einen Frontmann auszeichnet. Kaum steht er auf der Bühne, richten sich alle Blicke auf den dürren Mann mit der Brille. Und wenn er dann singt, dann blüht Shettel auf. Er schüttelt den Kopf, mal schließt er glücksselig die Augen, dann tropfen einige Keyboard-Perlen von der Bühne. Im nächsten Moment aber verzerrt sich sein Gesicht. Dann singt er über einen Typen, den er nicht ausstehen kann und es ihm auch sagt: „Look, I just don‘t like you.“

Derweil fabriziert seine Band einen herrlichen Krach mit zwei Grundkonstanten – musikalische Präzision und Emotionalität. Man kann in drei Minuten unendlich langweilen – oder etwas aufregenderes tun. Piebald füllen die Zeit beinahe perfekt.

Marc Peschke

Mittwoch, 21 Uhr, Molotow