Olymp und umzu

Ganz im Dienst der Wissensvermittlung zeigt die Bremer Kunsthalle Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen, die die Götter des Olymps und andere mythologische Gestalten in den Blick nehmen

Auch kleine Satyre wollen kuscheln. Das Köpfchen angeschmiegt, das Pferdebeinchen angewinkelt, klebt das Mythos-Baby einer Bacchantin auf der Schulter. Weinreben hängen ihm vom Kopf und als Lendenschurz dient ein Ahornblatt. Sieht unbequem aus, zumal die Bacchantin in Bewegung ist, nach vorne strebt, wahrscheinlich den Berg hinauf durch den Wald hindurch dem Weine zu. Denn wo der Wein ist, da ist auch der Wein-Gott Dionysos, und dem rennen die Bacchanten für gewöhnlich hinterher – sicher auch die „Bacchantin mit kleinem Satyr auf der Schulter“, die der französische Bildhauer Jean-Joseph Foucou 1777 aus weißem Marmor herausklopfte.

Dionysos also, der ewige Populargott. Dabei ist Dionysos eigentlich ein kleines Licht im göttlichen Hauptwohnsitz, dem Berg Olymp. Seine Mission aus Wein und Ekstase fanden die anderen zwölf olympischen Götter lange suspekt und verwehrten Dionysos lange die Aufnahme. Dabei wirkt Dionysos auf Giovanni Domenico Tiepolos Federzeichnung nicht versoffen, sondern schlau, ist nicht aufgedunsen, sondern römisch knackig, nicht enthemmt, sondern verhalten. Eine Image-Korrektur, angefertigt im 18. Jahrhundert und ab Sonntag zu sehen in der Bremer Kunsthalle.

„Die Götter des Olymps und andere Themen der antiken Mythologie“ heißt diese Ausstellung, mit der die Kunsthalle anknüpft an die Kür des Götter-Neuzugangs Otto Rehakles, vor allem aber an die Olympiade in Athen, die Mitte August beginnt. Insgesamt 78 Zeichnungen, Medaillen, Gemälde und Skulpturen hat Kustos Andreas Kreul aus der Sammlung der Kunsthalle ausgewählt, alles Werke, die sich ausschließlich mit Figuren der griechischen Mythologie beziehungsweise deren römischen Pendants beschäftigen. Aus dem 20. Jahrhundert gibt es allerdings nur eine Arbeit zu sehen, alle anderen stammen aus der Zeit zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert.

Ungewöhnlich dabei ist die Anordnung der Arbeiten: Lediglich das Kupferstich- und das Medaillenkabinett sind ausschließlich für die Ausstellung reserviert, alle anderen Exponate hängen verstreut in Erd- und Obergeschoß neben den Werken der Dauerausstellung – gekennzeichnet nur durch einen blauen Punkt. Zur Orientierung gibt es ein Faltblatt, das allerdings nicht nach den Werken, sondern nach den mythologischen Figuren gegliedert ist: Von A wie Aineias bis Z wie Zeus bietet das Blatt mythologische Kurzvitas und verzeichnet knapp, wo in der Kunsthalle die Werke zur Person zu finden sind. Eine Ausstellung also, die die Vermittlung von Wissen über die griechische Mythologie in den Vordergrund stellt. Die Hürde dabei: Der Besucher muss sich die Werke zum Wissen selbst im Haus zusammensuchen.

Dafür lässt sich dann mit dem Infoflyer in der Hand feststellen, dass Antonio Canovas Psyche, die Personifikation der menschlichen Seele, wohl deshalb so versunken den Schmetterling in ihrer Hand fixiert, weil sie ihren Liebhaber Eros nicht anschauen durfte. So will’s der Mythos. Und darauf drängt das Ausstellungskonzept. Klaus Irler

11. Juli bis 29. August. Eröffnung am 11.7. um 11.30 Uhr mit einem Vortrag von Christoph Auffarth zum Thema „Antike Religion und Olympische Spiele“.