SPD-Wähler weiter im Wartesaal

Mobilisierungskampagne soll sozialdemokratische Chancen bei der Kommunalwahl erhöhen: „Nichts ist entschieden“. SPD präsentiert Forsa-Chef als Kronzeugen. Bundespolitik sei für NRW-Wahl bedeutungslos

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten wollen weiter an einen Sieg bei der Kommunalwahl glauben. „Wir werden die Wähler, die derzeit im Wartesaal und auf dem Sofa sitzen, zu unseren Gunsten mobilisieren“, so SPD-Generalsekretär Michael Groschek gestern bei der Vorstellung einer von seiner Partei in Auftrag gegebenen Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Die Botschaft von Forsa-Chef Manfred Güllner: Zwar steckt die SPD in der Krise, doch sei die Lage der Partei längst nicht so schlecht wie dargestellt: „Veröffentlichungen, die suggerieren, dass Ergebnisse bereits feststünden, sind ärgerlich“, appellierte Güllner beinahe flehentlich an die „Verantwortung der Medien“. Nur 29 Prozent der Wähler wüssten überhaupt, dass im Herbst Kommunalwahl sei.

Detailliert belegen wollte Güllner seine These des offenen Wahlausgangs an den Beispielen Köln und Dortmund: Berichte, die SPD läge in der Domstadt hinter den Grünen, komme in ihrer einstigen Herzkammer im östlichen Revier nur noch auf 30 Prozent, seien schlicht falsch, so Güllner. Sein Institut sieht die Genossen in Köln bei 30, in Dortmund stünden die Sozialdemokraten sogar bei 40 Prozent. „Die Kölner Grünen sind mit 22 Prozent stark, haben uns aber nicht abgelöst“, meint auch Groschek erleichtert – weigerte sich aber wie Forsa-Chef Güllner, landesweite Zahlen zu nennen. Das mache „keinen Sinn“. Forsa hatte im SPD-Auftrag rund 8.000 Wähler befragt, darunter jeweils über 1.000 in Dortmund wie in Köln.

General Groschek setzt weiter auf die Mobilisierung enttäuschter SPD-Anhänger, die bei der Europawahl zu Hause blieben. Überhaupt sei die Krise der rot-grünen Koalition in Berlin bedeutungslos, macht Groschek sich und seinen Genossen Mut. „Die Menschen sind schlau genug, die verschiedenen Politikebenen auseinanderzuhalten.“ Güllner sekundiert, auch die Landespolitik spiele „keine Rolle.“ Die starken Verluste bei der Kommunalwahl 1999, bei denen rote Hochburgen wie Gelsenkirchen an die CDU fielen, hatten die Sozialdemokraten dagegen noch mit dem schlechten Auftritt der gerade frisch gewählten rot-grünen Bundesregierung begründet.

Dass es für die SPD im September aber weitere Verluste hageln könnte, ahnen aber selbst Groschek und Güllner: Bislang sind sich nur 56 Prozent der SPD-Anhänger sicher, welche Partei sie wählen sollen – bei den Grünen sind es 67, bei der CDU sogar 71 Prozent. Mobilisierung tut not.

ANDREAS WYPUTTA