„Elite-Unis – so was würde uns im Traum nicht einfallen“

Die CDU soll Politik mit sozialer Ader machen, findet Bernd Neumann, seit 25 Jahren Vorsitzender der Bremer CDU. Im Interview mit kleiner Unterbrechung spricht er über das Profil der CDU und darüber, dass die Grünen sich frei strampeln sollten

taz: Herr Neumann, Sie sind seit 25 Jahren Bremer Parteivorsitzender. Sind Sie ein Monarch?Bernd Neumann: Was mich von der Queen in England, die ja auch schon länger im Amt ist, unterscheidet, ist, dass ich alle zwei Jahre gewählt werden muss und mir zu jeder Wahl Mehrheiten suchen muss. Dies schon dreizehn Mal.

Was macht Ihren Erfolg aus?Wir haben für die Bremer CDU in dieser Zeit ungewöhnliche Erfolge errungen. Das ist ein Stück mein Werk – auch weil ich immer interessante Leute für herausragende Ämter gewonnen habe. Seit 1995 sind wir in Regierungsverantwortung. Wir sind im Verhältnis zu anderen Landesverbänden eine moderne Partei, wir haben viele junge Leute in Verantwortung und den höchsten Frauenanteil aller deutschen CDU-Fraktionen.

Sie gelten als konzeptioneller Denker in der CDU. Worin besteht heute der Unterschied zwischen CDU und SPDDer Unterschied liegt darin, dass wir ein Profil haben, und die SPD nicht mehr. Unseres heißt soziale Marktwirtschaft, mehr Eigenverantwortung, dazu gehört auch Wettbewerb, wenn ich an Schulen und die sozialdemokratischen Gesamtschulen denke.

Die Elite-Unis sind aber auch eine SPD-Erfindung ...Richtig ist, dass sie uns in manchen Punkten überholen. Mit diesen Elite-Universitäten, das wäre uns im Traum nicht eingefallen, und ich halte es auch für falsch. Man kann bestimmte Bereiche an Universitäten fördern, in Bremen zum Beispiel die Meeresbiologie, aber Eliteunis, das hätten doch früher nur die Freien Demokraten gefordert.

Auch die CDU steht vor einer Profilentscheidung: Da gibt es Menschen wie Roland Koch und Friedrich Merz, die für eine neoliberale Ausrichtung der CDU stehen. Wo stehen Sie?Die große Mehrheit, und ich zähle dazu, ist auf Merkel-Linie. Und die heißt – vereinfacht – wir wollen Volkspartei bleiben. Dazu gehört auch soziale Gerechtigkeit. Jetzt rufen einige zum Beispiel die 50-Stunden-Woche aus. Das ist doch Blödsinn und kann nicht Linie einer Volkspartei sein. Nehmen wir ganz konkret Hartz IV. Eine Reform in ihrem Sinne?

Was die Lohnnebenkosten betrifft, konnten wir so nicht weitermachen. Von daher ist der Ansatz der Agenda 2010 richtig. Aber Rot-Grün hat versäumt, es so zu erklären, dass die Mehrzahl der Menschen es mindestens begreift, wenn sie es schon nicht gut finden. Wir haben auch den Vorschlag gemacht, den Wegfall des Arbeitslosengeldes schon nach einem Jahr gerechter zu gestalten und abhängig zu machen von der Dauer, die die Leute eingezahlt haben. Da muss man die Kaltschnäuzigkeit von Schröder manchmal bewundern, wie der das durchzieht ... oh, warten Sie mal eben, ich glaube ich habe grade eine Abstimmung verpasst. Ich ruf sie gleich wieder an. – Mensch ... (wenige Minuten später) ... So jetzt müssen Sie was gut machen. Da ging es eben im Bundestag um die Zurückweisung von Ergebnissen aus dem Vermittlungsauschuss. Da hab ich jetzt die erste Abstimmung verpasst (lacht).

Ja, so machen wir Politik. Wir machen während der Abstimmungen Telefon-Interviews mit CDU-Abgeordneten.

Ach so, ja.

Bleiben wir beim Regieren: Wann gibt es in Bremen eine schwarz-grüne Koalition?Das kann man nicht sagen. Die Grünen sollten sich jedenfalls aus der Gefangenschaft mit der SPD ein Stück befreien. Sonst gehen sie nämlich mit denen unter, das tun sie hier und dort ja schon. Interview: E. Heyduck