DER IRAK-BERICHT AUS DEM US-SENAT DÜRFTE BUSH KAUM NOCH SCHADEN
: Frühzeitig aus der Schusslinie

Erwartet kritisch ist der gestern vorgestellte Untersuchungsbericht des Geheimdienstausschusses des US-Senats ausgefallen. Und doch scheint der Zeitpunkt bereits vorüber, an dem solch eine Bewertung der Regierung Bush im Wahlkampf noch großen Schaden zufügen könnte. Die nicht gefundenen Massenvernichtungswaffen scheinen passé. Wer sich darüber aufregen wollte, hat das längst getan – nächstes Thema.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Regierung es noch rechtzeitig geschafft hat, CIA-Chef George Tenet zum Abdanken zu bewegen. Der hatte schon bei seiner Rechtfertigungsrede in der Georgetown University Anfang Februar die Regierung entlastet: Niemals habe es irgendeinen Druck auf den Geheimdienst gegeben, wider besseres Wissen die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak zu behaupten, sagte Tenet damals. Das war eine offene Bewerbung um den Posten des Sündenbocks – eine Stelle, die er prompt bekam. Damit kann die Regierung alle Schuld den Geheimdiensten zuschieben, sich selbst aus der Schusslinie der Kritik ziehen und sogar mit der nun doch geplanten Neubesetzung des Postens Handlungsbereitschaft und Stärke zeigen.

Die Demokraten hingegen sehen sich in der Zwangslage, einerseits zwar die Lügen der Regierung zum Thema machen zu wollen, andererseits aber zu wissen, dass ein rückwärts geführter Wahlkampf in der Wählergunst auch nicht ankommt. Der aktuelle Umgang mit der verfahrenen Situation im Irak steht da vielmehr im Vordergrund. Und der Beauftragte der Regierung für den Schutz an der Heimatfront, Tom Ridge, zieht wieder einmal die Schlagzeilen auf sich, in dem er gerade rechtzeitig aufgeregt vor neuen, nicht näher spezifizierten Terroranschlägen auf US-amerikanischem Boden warnt.

So könnte es sein, dass der Untersuchungsbericht des Senatsausschusses, immerhin das Ergebnis eines ganzen Jahres voll Anhörungen und eigentlich Sprengstoff genug, um die Bush-Regierung abzuservieren, als Fußnote in die Geschichte eingeht. BERND PICKERT