Grüne zweifeln an Eichels Zusage

Nach dem Gewerbesteuer-Gipfel an Gerhard Schröders Urlaubsort Hannover beginnt das Gefeilsche: Die Kommunen warnen, die zugesagten 4,5 Milliarden reichten nicht aus. Und Grünen-Fraktionschefin Sager mahnt den Finanzminister zur Seriosität

aus Berlin HANNES KOCH

In wichtigen Punkten der Gemeindefinanzierung hat das Spitzengespräch unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) von Montagabend nur eine scheinbare Einigung gebracht. Die Grünen zweifeln daran, dass das Modell von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zur Aufbesserung der kommunalen Haushalte funktioniert. „Eichel ist jetzt in der Pflicht“, sagte die grüne Fraktionschefin Krista Sager der taz. Die Fraktionen von SPD und Grünen würden „darüber wachen, dass Eichel seriös rechnet“, so Sager.

Auf Einladung von Schröder hatten die Spitzen von Rot-Grün festgelegt, dass die Städte und Gemeinden bald mehr Geld haben: 2004 rund 4,5 Milliarden Euro und 5 Milliarden in 2005. Viele Städte stehen kurz vor dem Bankrott. Die zusätzlichen Summen sollen sich zusammensetzen aus jeweils 2,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer und 1,5 Milliarden aus geringeren Überweisungen der Gemeinden an den Bund, damit mehr kommunale Kinderbetreuungsplätze eingerichtet werden können. Hinzu kommen 500 Millionen Euro in 2004 und eine Milliarde ab 2005 als Einspareffekte, weil in Zukunft der Bund im Rahmen der so genannten Hartz-Reformen große Teile der bisher kommunalen Sozialhilfe bezahlt.

Unterschiedliche Positionen existieren weiterhin besonders bei der Gewerbesteuer. Während die Fraktionen von SPD und Grünen bestimmte Kosten von Firmen für Mieten, Zinsen und Leasingraten der Gewerbesteuer unterwerfen und damit die Einnahmen der Städte steigern wollen, lehnen Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement eben dies als wirtschaftsfeindlich ab. Im Gegenteil: Heute schon steuerpflichtige Zinsen sollen in Zukunft befreit sein. Zumindest „der Status quo muss erhalten bleiben“, erregt sich darüber die kommunalpolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Andreae.

Als Ersatz hat Eichel andere Einnahmeposten angeboten. Ob das Modell des Finanzministers die Zustimmung der Union im Bundesrat bekommt, ist ähnlich fraglich wie bei den Plänen der Fraktionen. Wenn Eichel mit seinen Einnahmeerhöhungen für die Kommunen nicht durchkomme, müsse er mit Alternativen „nachlegen“, heißt es dazu aus den Fraktionen.

Eichel will das Aufkommen der Gewerbsteuer vor allem dadurch erhöhen, dass Firmen Zinskosten nicht mehr von der Steuer abschreiben können, wenn die Kredite von eigenen Gesellschaftern stammen. Außerdem soll eine Art Mindeststeuer eingeführt werden. Unternehmen könnten ihren steuerpflichtigen Gewinn durch Gegenrechnung von Verlusten nur noch auf die Hälfte, nicht mehr auf null reduzieren.

1,3 Milliarden Euro von 2,5 Milliarden mehr Gewerbesteuer sollen die freien Berufe wie Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte aufbringen. Diese sind heute nicht gewerbesteuerpflichtig. Die tatsächliche Mehrbelastung bleibt aber gering, weil die Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer verrechnet werden kann. Nur in Städten, die eine Gewerbesteuer von über 380 Punkten verlangen, würden Freiberufler vermutlich mehr zahlen als heute.

Weil die Kommunen zu geringe zusätzliche Mittel erhielten, ist die Reform nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände „gescheitert“. Unionspolitiker kritisierten die geplanten Maßnahmen jedoch als fragwürdige „Steuererhöhung“.

Die FDP legte ein eigenes Alternativmodell vor. Die Gewerbesteuer würde danach komplett abgeschafft und stattdessen ein Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben.