Deutschland braucht keine Global Player

Industriepolitik à la Schröder und Clement schade mehr, als sie nütze. Mit diesem Urteil wendet sich die Monopolkommission gegen das Konzept der Regierung, „nationale Champions“ für den Weltmarkt zu bilden. Das sei teuer und im Effekt schädlich

AUS BERLIN MATTHIAS URBACH

Sei es die Verlängerung des Briefmonopols der Deutschen Post AG oder die Ministererlaubnis für die Fusion der Energieriesen Eon und Ruhrgas: Die Gründe für all die Versuche der deutschen Industriepolitiker, „nationale Champions“ aufzubauen, seien „falsch“ oder „unrealistisch“, so das Urteil der Monopolkommission, die gestern ihr 15. Hauptgutachten in Berlin an das Wirtschaftsministerium übergab. Denn „was ich tue, um ein Unternehmen zu fördern“, erklärte in Berlin der Kommissionsvorsitzende Martin Hellwig, „ist geeignet, ein anderes Unternehmen zu belasten.“

Zudem sei „die Vorstellung falsch“, die staatliche Förderung nationaler Champions helfe der Volkswirtschaft insgesamt. Vielmehr verstelle die Formel den Blick dafür, dass die Unternehmen ja auch innerhalb Deutschlands in Konkurrenz stünden. Im Übrigen gingen Wachstum und Dynamik anderer Volkswirtschaften nicht zu Lasten der deutschen. Deshalb sei es auch nicht nötig, deutsche „Global Player“ zu bilden.

Doch mit einer solchen Begründung setzte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement etwa die Fusion des Stromkonzerns Eon mit dem deutschen Gas-Branchenführer Ruhrgas durch – gegen die Bedenken der Kartellwächter. Oder privilegiert weiterhin die Post, damit sie sich als globaler Logistikkonzern aufstellen kann. Auch wurde der Missbrauch der Stromkonzerne mit ihren Leitungsnetzen nicht unterbunden. Die Zeche zahlten die Kunden in Form höherer Preise für Strom und Briefe.

Gefährlich sei auch die Förderung einer nationalen Großbank. Große Banken, die sich für too big to fail halten, neigten dazu, riskantere Geschäfte zu machen – im Vertrauen darauf, der Staat werde sie schon nicht fallen lassen. Dieser Glaube habe schon 1930 das Land in eine Bankenkrise gestürzt, warnt Hellwig.

Wenig ermutigend sei auch das viel zitierte Vorbild Frankreich. Das hatte schon in den Siebzigern intensiv in die Concorde und eine französische Computerindustrie investiert – „viel verschwendetes Geld“, urteilt Hellwig. Selbst das mächtige und legendäre japanische Industrieministerium Miti habe mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Konkurrenzfähig seien eher die Konzerne, die das Miti auf Abstand hielten.

Entsprechend wendet sich die Monopolkommission gegen die Pläne der Staats- bzw. Regierungschefs Gerhard Schröder, Jacques Chirac und Tony Blair, alle wirtschaftspolitischen Fragen einem EU-Superkommissar anzuvertrauen. „Der Wohlstand des Landes hängt davon ab, dass es die Ressourcen möglichst produktiv einsetzt“ – das aber könne der Wettbewerb besser entscheiden als Bürokraten, so die Kommission.