Bündnis 90 bleibt bündnisoffen

Selbstbewusst gehen die Grünen in die Kommunalwahlen: Parteitag erteilt Lagerwahlkampf eine klare Absage. Mangel an inhaltlichen Differenzen sorgt für sozialistische Abstimmungsergebnisse

AUS HAGEN ANDREAS WYPUTTA

Trotz der Kampfansage von CDU-Landesgeneralsekretär Hans-Joachim Reck setzen Nordrhein-Westfalens Grüne bei der anstehenden Kommunalwahl weiter auf ihre Strategie der Bündnisoffenheit. „Natürlich werden wir da, wo wir es im Interesse der Sache richtig finden, auf Schwarz-Grün setzen“, so die mit 95,6 Prozent der Stimmen wiedergewählte Landesvorstandssprecherin Britta Haßelmann in einer erstaunlich starken Rede. „Im Gegensatz zur CDU“ entschieden bei den Grünen die Kommunalpolitiker vor Ort – „machttaktische Erwägungen“ der Landesebene spielten keine Rolle, sagte Haßelmann unter starkem Beifall des Parteitags in Hagen – Christdemokrat Reck hatte die Grünen in der vergangenen Woche bei der Vorstellung der Sommerkampagne seiner Partei als „Hauptgegner“ bezeichnet.

Auf Landesebene dagegen sei eine Koalition nicht möglich, stellte Haßelmanns Sprecherkollege Frithjof Schmidt klar: Bei der CDU sei „programmatisch und politisch ungeklärt, ob sie den Weg einer ökologischen Reformpolitik und einer kulturellen Öffnung überhaupt gehen kann“. Realistisches Wahlziel der Grünen bei Kommunal- und Landtagswahlen seien „dauerhaft und flächendeckend“ Ergebnisse im zweistelligen Prozentbereich, sagte Schmidt, der mit 74,3 Prozent ein vergleichsweise schlechtes Ergebnis einfuhr – Schmidt hatte auch für das Europaparlament kandidiert. Er verstößt mit seinem Brüsseler Abgeordnetensitz und seiner Funktion als Parteichef erstmals in NRW gegen die offiziell bereits 1991 aufgehobene Doktrin der Trennung von Amt und Mandat.

Die Europawahlen hätten die gute Aufstellung der Grünen bestätigt, bilanzierte der Vorstandssprecher: „Über 670.000 Stimmen in NRW – das macht Mut für die Zukunft.“ Während die FDP kommunalpolitisch bedeutungslos und landespolitisch „völlig zur Partei der Beliebigkeit mutiert“ sei, sorgt sich Schmidt um seinen schwachen Koalitionspartner. Die Sozialdemokraten müssten sich „endlich zusammenraufen und zusammenreißen“, statt sich wie auf Bundesebene beim Zuwanderungsgesetz in „großkoalitionären Spielchen“ zu verzetteln. Die SPD schon jetzt als Wahlverlierer abzuschreiben, sei allerdings „vorschnell“.

Trüben wollte die neue innerparteiliche Harmonie bei solchen Erfolgen niemand mehr: Beschlüsse zur Geschlechtergerechtigkeit, zur Stärkung der Arbeitsmarktpolitik wie zur Ablehnung grüner Gentechnik wurden mit mindestens 97 Prozent durchgewunken, Anträge zum Teilzeitstudium, dass längere Studienzeiten für Teilzeitbeschäftigte ermöglichen soll, wie die Forderung nach Einführung der Bürgerversicherung einstimmig verabschiedet. Einige warnten bereits vor „sozialistischen Ergebnissen“ – und benannten ihre Parteichefin einfach um: „Hallo, Margot“.