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: Danke, Otto!

Der DFB will künftig mit einer Doppelspitze agieren – und schreckt König Rehhakles von der Amtsübernahme ab

Und jetzt? Jetzt sollten die Menschen auch in diesem Land auf die Straßen gehen und singen und tanzen und Feuer der Freude entzünden, schließlich hat der König nun auch sie bedacht mit seiner unermesslichen Güte – und damit ihr Land vor Schlimmem bewahrt. In einem Telefonat mit dem Kaiser hat der König das am Samstag vollbracht, in jenem hat Otto Rehhagel Franz Beckenbauer nämlich eine Absage erteilt. Nein, auch er, Otto I., König der Griechen, der große Rehhakles, will nicht Bundestrainer werden. Mag sein, dass das dem Kaiser Sorgenfalten auf seine hohe Stirn getrieben hat – aber unter uns: Gibt es eine schönere, frohere Botschaft als diese: Rehhagel wird nicht Bundestrainer!

Nein, es gibt sie nicht, niemals (außer vielleicht der, dass auch Lothar Matthäus nicht Bundestrainer wird). Und völlig egal kann diesem unserem Lande sein, warum Otto nicht will. Als Grund angegeben hat er, dass er in Griechenland in drei Jahren etwas aufgebaut habe – und dieses, sein großes Werk, nun nicht einfach so aus der Hand geben wolle, wegen der Einsturzgefahr. Denn wer sonst außer ihm würde die Griechen zu solchen Erfolgen führen können? Aber das ist natürlich nur ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist: Deutschland ist Otto viel zu offensiv geworden. Und dass ausgerechnet die obersten Herren des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dies noch am späten Freitagabend so eingefädelt hatten, ist an Perfidität kaum mehr zu überbieten. Sieben Stunden getagt und darüber beraten, wie Rehhagel zu verhindern sei, haben die alten Männer, am Ende hatten sie diese Lösung gefunden: Der DFB bekommt demnächst neben Amtsinhaber Gerhard Mayer-Vorfelder noch einen zweiten Präsidenten, nämlich den bisherigen Schatzmeister Theo Zwanziger. „Doppelspitze“ wurde das sogleich genannt – und nichts hätte Rehhagel mehr abschrecken können als das: Eine Doppelspitze – zwei Stürmer also – wo er doch während der ganzen EM und zeitlebens immer nur mit einem gespielt hat. Im Prinzip war Ottos Absage seit Freitag nur noch eine Frage der Zeit.

Die Doppelspitze hat, das muss man so feststellen, ihren ersten Auftrag also souveränst erledigt. Und ein bisschen in den Hintergrund tritt dadurch, dass keiner so recht weiß, wie es da vorne im Sturm nun weitergehen soll mit MV und Zwanziger. Wer nimmt die hohen Bälle, wer die Tiefen? Wer weicht bisweilen auf die Flügel aus? Oder stehen am Ende doch nur beide dumm im Strafraum rum und behindern sich gegenseitig, schließlich ist der deutsche Fußball es nicht mehr gewohnt, mit so vielen Spitzen zu agieren? Andererseits: Sind ja nur zwei Jahre bis zur WM. Dann will Mayer-Vorfelder, der alte Stürmer, seine Karriere ohnehin beenden. Vor Rehhagel sollte man dies allerdings verschweigen. FRANK KETTERER