nebensachen aus jakarta
: Verkehrspolitik auf Indonesisch: Wer am lautesten hupt, gewinnt

Es war mein erstes Mal. Aber ich hatte nicht das Gefühl, irgendwas verpasst zu haben. Das Ganze hatte ich schon in einem anderen Rahmen miterlebt – beim Bangkoker Apec-Gipfel. Mit dem Unterschied, dass bei dem Asean-Treffen in Indonesiens Hauptstadt Jakarta die Teilnehmer keine Seidenhemdchen von der Regierung geschenkt bekamen. Außenminister und andere Repräsentanten aus Ost und West waren angereist, und ich hatte mich durchboxen müssen, um zu besagtem Veranstaltungsort JCC (Jakarta Convention Center) zu gelangen. Das hatte vor allem mit den Verkehrsverhältnissen zu tun. Nachdem ich zunächst fälschlicherweise im Sekretariat des Außenministeriums aufgelaufen war, war der Vormittag fast rum. Dort bat man mich freundlich, ich möge mich doch gleich im JCC akkreditieren. „Kein Problem“, hatte einer der Pressesprecher dort am Telefon versichert. Jeder Taxifahrer kenne den Weg.

Denkste. Das Stirnrunzeln des Fahrers signalisierte mir, dass er nicht die Spur kapiert hatte, wohin ich wollte. Da sich meine Indonesisch-Kenntnisse darauf beschränken, guten Tag, guten Abend und danke zu sagen, oder Ayam Goreng (knuspriges Hühnchen mit Reis) zu bestellen, stand ich erst mal auf dem Schlauch. Also winkten wir jemanden heran, der Englisch sprach. Nachdem wir uns dann schleichend durch den in asiatischen Großstädten üblichen Stau bewegt hatten, kam das JCC in Sicht. Und weil mein Fahrer gerne die Rupienzahl auf seinem Taxameter noch etwas erhöhen wollte – was bei dem Wert dieser Währung durchaus verständlich ist – fuhr er in konzentrischen Kreisen fleißig ums ganze Zentrum. Vom Haupteingang zum Hinterausgang, dann wieder zurück (Hey, da waren wir doch schon!), über eine Baustelle bis zum Medienzentrum. Na endlich.

Und dann wurden alle Erwartungen enttäuscht: Da beschwören die Teilnehmer zwar die Vision herauf, wie schön es ist, dass sich so viele Nationen an einen Tisch setzen. Von wegen. USA und Nordkorea blieben sich trotz eines ersten Gesprächs seit zwei Jahren spinnefeind, EU und Asean stritten sich darüber, wie man mit Birma und seinen Menschenrechtsverletzungen umgeht, und all die schönen Abschlusserklärungen über eine einheitliche Sicherheitspolitik waren das Papier kaum wert, auf dem sie stehen. Innerhalb von Asean macht sowieso jeder, was er will. Es interessiert niemanden, raunte mir ein Sicherheitsexperte ketzerisch zu.

Und so ging das die ganze Woche. Zu allem Überfluss bin ich auf den Rückfahrten in den Feierabendverkehr geraten. Alles drückt und schiebt sich die teils mehrspurig ausgebauten Straßen entlang, und wer die lauteste Hupe hat, gewinnt: Privatwagen, Taxen, klapprige Busse und orangerote Dreiradtaxis, Bajaj genannt, von denen es in und um Jakarta etwa 14.000 geben soll. Die knattern am lautesten, sind aber beliebt, weil sie preisgünstig sind. Dabei könnten sich Experten hier verkehrspolitisch so richtig austoben. Im Gegensatz zu manch anderen großen Städten in Südostasien hat Jakarta weder Hoch- noch U-Bahn. Vielleicht wären die, die sich höhere Fahrpreise leisten könnten, dann bereit, ihr Auto stehen zu lassen. Als ich mit einem Ortsansässigen darüber sprach, machte der mir Mut: Einen ersten Spatenstich für eine Hochbahn habe es immerhin schon gegeben. Vielleicht ist die fertig, wenn ich das nächste Mal komme.

NICOLA GLASS