strübel & passig
: Gesicht im Eiswasserfußbad

Zäh fließt der Verkehr. Der Traffic verlangsamt sich durch das Gewicht meines Blicks auf den Bildschirm. Ein hysterisch gewordener Lüfter sirrt mit überschlagender Stimme gegen die Hitze an, sogar ein vor Trägheit verzögertes Klickgeräusch an der Maus nehme ich wie durch Pattex wahr. Die Konzentration zwängt sich wie durch ein 14.4er-Nadelöhr, und gelegentlich ertappe ich mich bei fatalen Errorien. Time out!, ruft mein innerer Energieanlagenberater, aber das geht nicht, weil ich Furcht habe, einen Moment nicht aufzupassen und mich just dann schlagartig in eine Rosine zu verwandeln.

 Am Monitor entlang hangle ich mich in Richtung des Ventilators, aber als ich mich zwischen ihn und den Rechner stellen will, faucht Letzterer futterneidisch, und ich falle, angestoßen von den Schallwellen, vornüber. Für einen Moment ist das Laminat angenehm kühl, aber als ich mich wieder aufrappeln will, klebe ich am preiswerten Bodenbelag fest und habe außerdem das Netzwerkkabel mit mir gerissen. Mühselig stelle ich die Verbindung ins Netz per Funkmaus wieder her. Während noch die verklebten Haarsträhnen sich vom Sturz erholen, ergreife ich Erste-Hilfe-Maßnahmen und setze aus der Ferne club.guns.ru/images/norilsk/8.jpg als Hintergrundbild auf meinen Desktop. Dadurch angestachelt, suche ich gierig weiter nach kühler Schönheit in aufreizenden Posen. Lange verweile ich bei temperaturpornografischem Bildmaterial wie www.flex.net/~lonestar/crevasse.jpg, ehe ich mir unter quest.arc.nasa.gov/antarctica/background/cara/lifepole.html das erhitzte Gemüt kühlen lasse. „Sommerhaus? Später vielleicht!“, denke ich, als ich mich auf den Schreibtischstuhl zurückhieve und dehydriert in mich zusammensacke. Eine kühlere Wohnung muss her, so was wie das www.restena.lu/primaire/sanem/san/picard/Seite5.htm, da bliebe auch noch was vom Bausparvertrag übrig. Oder vielleicht doch lieber was Kleines, Feines in Fertigbau, also kuehlschraenke-verkauf.de/Kühl-Gefrierkombination.html? Ich kippe vornüber, falle mit dem Gesicht in das Eiswasserfußbad und nehme einige große Schlucke. Ah! So schmeckt der Sommer! Das gibt mir für einen Moment Klarheit, aber während ich unter www.napoleon.at/gtrk_1.html noch überlege, womit ich der Austrocknung nun Einhalt gebieten kann, zerfalle ich auch schon zu Staub.

 Das hätte ich besser nicht getan, denn mein Staubsaugroboter (www.roomba.de) ist gerade unterwegs, und so muss ich mich schnell zur Wollmaus rollen und hinter einen Bettpfosten flüchten. Unter Zuhilfenahme physikalisch ausgefuchster Vorrichtungen, die ich direkt aus der algerischen Wüste herbeihalluziniere, sammle ich etwas Kondenswasser, trinke dies und komme mir selbst so wieder ein wenig näher. Erneut nehme ich die langen 50 Zentimeter zum Schreibtisch in Angriff und rette mich nach www.icehotel.com, wo ich gierig die Pressefotos einsauge und schon mal ein Doppelzimmer reserviere, eines mit einem breiten Bett, falls ich wider Erwarten weiterhin neben mir stehen bzw. liegen werde. Mein Puls fällt auf kaum noch tachykarde 120, die Schweißperlen auf meiner Oberlippe tanzen einen gelassenen Salzreigen, und als ich es schließlich schaffe, Google aufzurufen, erhalte ich 33.400 Returns für „Sommerloch“. Erleichtert lasse ich mich hineinfallen.

IRA STRÜBEL

ira@copysquad.com