Fernsehchef in Bagdad gibt auf

Der Leiter des von den USA unterstützten irakischen Senders legt sein Amt nieder. Ahmad al-Rikabi beklagt die zu geringe finanzielle Ausstattung und Behinderungen bei der Arbeit. Seine Bilanz: Iraqi-TV verkommt zum Verlautbarungsorgan

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Ahmad al-Rikabi, der vom Pentagon eingesetzte Chef für den Aufbau eines unabhängigen irakischen Fernsehsenders, hat vorzeitig seinen Job aufgegeben. Diese Entscheidung hat der Schwede mit deutlicher Kritik verbunden: Die USA hätten kein wirkliches Interesse an der Umwandlung von Saddams Husseins Propagandakanal in einen unabhängigen staatlichen Fernsehsender gezeigt, sagte al-Rikabi gestern in einem Telefoninterview mit dem schwedischen Rundfunk. Er beklagte, dass dem Sender mit einem Programm von 16 Stunden lediglich fünf Kameras zur Verfügung stünden. Die Mitarbeiter würden so schlecht bezahlt, dass die Kompetenten lieber zur Konkurrenz wechselten.

Dabei war der 34-Jährige am 13. April mit großen Erwartungen als einer der ersten Exiliraker an Bord eines vom Pentagon gecharterten Flugzeugs nach Bagdad gekommen. Er war von der US-Administration schon Monate vorher für eine der vermeintlich wichtigsten Aufgaben im „befreiten“ Irak betraut worden: den Aufbau von Iraks erstem „freien“ TV-Sender. Qualifiziert hatte er sich dafür offenbar nach fünf Jahren bei Iraqi Free Radio in London. Das TV-Handwerk hatte al-Rikabi allerdings in Schweden gelernt, wohin seine Familie ausgewandert war.

„Ich weiß, dass es seltsam aussieht, wenn man mit dem Arbeitgeber Pentagon ein unabhängiges Fernsehen aufbauen soll“, äußerte er sich bereits zwei Wochen nach seinem Amtsantritt in Interviews mit schwedischen Medien: „Aber was ist die Alternative? Auch wenn es amerikanische Steuergelder sind, wir werden ein irakisches Fernsehen machen.“ Nach einer Woche auf Sendung gabe es den ersten Versuch eines Zensureingriffs, berichtete er damals: „Ich drohte, direkt zum Hotel Palestine zu gehen und dort vor den Kollegen aus aller Welt eine Pressekonferenz zu halten. Jetzt hat man wohl gemerkt, dass wir es ernst meinen. Gelingt es uns einen freien Fernsehsender aufzubauen, ist das für die USA gut und für den Irak. Dann können wir alle stolz sein.“

Doch von Anfang an musste al-Rikabi nach eigener Aussage darum kämpfen, auch nur die allernötigsten technischen und finanziellen Ressourcen zu bekommen. Die ersten Nachrichtenprogramme konnten erst nach mehreren Wochen produziert werden, da die Journalisten zunächst geschult werden mussten. „Die für Udai Husseins Staatsfernsehen gearbeitet hatten, waren kaum zu gebrauchen, und auch die Neuangestellten wussten nicht, wie ein Reporter in einem freien Programm arbeitet“, berichtet al-Rikabi: „Ich musste ihnen erst beibringen, dass man auch in einem Interview kritische Fragen stellen kann, ohne Repressalien befürchten zu müssen.“

So musste anfänglich die Sendezeit mit aufgezeichneten ägyptischen Konzerten und anderen Konserven gefüllt werden. Meilensteine seien neben dem ersten Nachrichtenprogramm die Life-Übertragung eines Fußballspiels und das erste Kinderprogramm gewesen. Das schwedische Fernsehen und die BBC waren die Vorbilder, an denen sich Iraqi-TV orientieren sollte. „Ich sah unsere Aufgabe darin, objektiv und auf anständige Weise zu arbeiten“, sagt al-Rikabi. Die Voraussetzungen der Arbeit hätten dies nicht zugelassen.

Gestern Mittag legte er im öffentlich-rechtlichen Fernsehen SVT noch einmal nach. Gefragt, welche Behinderungen es gab, antwortete er: „Es gibt sehr viele Gerüchte über das Verhalten der US-Soldaten gegenüber der Bevölkerung. Diese Themen hätten wir gerne aufgegriffen und richtig gestellt.“ Zur Zukunft des Senders meinte er: „Er ist auf dem Weg, ein offizielles Verlautbarungsorgan zu werden.“