Tausendmal ist nichts passiert

Fördern nur 6,5 Prozent der Unternehmen Frauen? Oder noch nicht mal die, weil sie lediglich Teilzeit anbieten? Das IAB eröffnet die Schlacht der Studien

von HEIDE OESTREICH

Es ist keine besonders schöne Zahl. Und deshalb sorgt sie für Wirbel. 6,5 Prozent aller deutschen Unternehmen haben Vereinbarungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern getroffen. Das ergab die turnusmäßige Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), des Forschungsinstituts der Bundesanstalt für Arbeit (BA). Gestern stellte die BA den zugehörigen Bericht vor.

Die Zahl ist brisant, weil Bundeskanzler Schröder auch von ihr einst abhängig gemacht hatte, ob er nicht doch das geplante Gleichstellungsgesetz aus der Schublade holt, in die er es im Sommer 2001 per Machtwort verbannt hatte. Stattdessen gab es eine windelweiche Vereinbarung mit der Wirtschaft, in der diese versicherte, den Unternehmen betriebliche Maßnahmen zur Chancengleichheit zu „empfehlen“. Für Ende 2003 war eine Bilanz vorgesehen, bei der die IAB-Zahlen eine tragende Rolle spielen. Wenn dann nichts Nennenswertes passiert sei, drohte Schröder im Wahlkampf, werde er zu gesetzlichen Regelungen greifen. So stand es dann auch im Koalitionsvertrag.

Ein Problem ist, dass die Frauenministerin inzwischen gewechselt hat. Renate Schmidt hatte sich zu Beginn ihrer Amtszeit gegen ein Gesetz ausgesprochen. Sie setzt auf Überzeugungsarbeit und „Allianzen für Familie“. Sie hat weniger die Förderung aufstiegswilliger Frauen als eher die klassische Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter im Blick.

In diese Bemühungen passt eine deprimierende Zahl wie 6,5 nicht hinein, zumal die neue Direktorin des IAB, Jutta Allmendinger, im Vergleich mit einer Studie von 1998 feststellt, dass sich „relativ wenig verändert“ hat. Das Ministerium will diese Zahl nicht so isoliert betrachtet wissen, sondern bis Ende des Jahres warten. Es spekuliert darauf, dass weitere Untersuchungen zu schöneren Zahlen führen: In die Bilanz, so Pressesprecherin Christine Mühlbach, „beziehen wir verschiedene Studien ein, etwa die vom Institut für Mittelstandsforschung oder aus dem Handwerk“. Die BDA etwa hat bei ihrem eigenen Institut, dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, eine Studie in Auftrag gegeben. Die sei „viel differenzierter“ als die IAB-Umfrage, so die Referentin für Personalpolitik, Carlotta Köster, zur taz.

Der DGB ahnt schon, wie viele Minijobs da als frauenfreundliche Maßnahmen verkauft werden, und kündigt ebenfalls eine eigene Studie an. Auch die Grünen kritisieren, dass man nur Teilzeit für Frauen anbieten muss, um als Förderer der Chancengleichheit dazustehen. „Das greift zu kurz“, finden sie und fordern, auch Maßnahmen gegen Lohndiskriminierung und für mehr Frauen in Führungspositionen in die Beurteilung einzubeziehen. IAB-Direktorin Allmendinger meint ebenfalls, dass die IAB-Studie unzureichend sei. Die Fragen seien aus einer mühseligen Abstimmung mit der Wirtschaft entstanden. Diese hatte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Mittelpunkt gerückt. „Wie die Frauen auf den verschiedenen Ebenen des Betriebs repräsentiert sind, wurde leider nicht erhoben“, so Allmendinger. Aber erst daran könne man die Gleichstellung in den Betrieben wirklich messen. Sie bereite zu diesem Thema ebenfalls eine Studie vor. Bis Ende des Jahres werden wohl noch jede Menge Zahlen erhoben.