Frauen keine Chefsache

Mehr Chancengleichheit – das hat die Wirtschaft vor zwei Jahren versprochen. Doch jetzt steht fest: Nichts hat sich getan. Grüne und Gewerkschafter fordern erneut Gleichstellungsgesetz

Die Wirtschaft kümmert sich nach wie vor wenig um die Chancengleichheit für Frauen im Arbeitsleben. Das ergab die Auswertung einer Betriebsbefragung, die das Forschungsinstitut der Bundesanstalt für Arbeit (BA), das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), gestern vorstellte. Danach haben nur 6,5 Prozent aller deutschen Unternehmen eine entsprechende Vereinbarung getroffen, in der etwa die Möglichkeit flexibler Arbeitszeitgestaltung für Eltern festgehalten ist.

Die Fragen nach einer Vereinbarung und etwaigen Aktivitäten waren dem Institut von der Gruppe in Auftrag gegeben worden, die die Umsetzung einer Vereinbarung zwischen Regierung und Wirtschaft zum Thema Chancengleichheit überwacht. Diese war 2001 entstanden, nachdem Bundeskanzler Schröder auf Druck der Wirtschaft ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft zurückgezogen hatte. Die Verbände hatten als Ersatz angeboten, sich freiwillig selbst um die Gleichstellung zu kümmern. Ende 2003 sollten diese Bemühungen bilanziert werden, u. a. anhand der Zahlen aus dem Institut der BA. Falls sich keine Entwicklung zum Positiven ergebe, so hatte Schröder damals angekündigt, werde er für gesetzliche Regelungen sorgen.

Dieser Tatbestand ist für den Koalitionspartner bereits jetzt erfüllt: „Jetzt haben wir es schwarz auf weiß“, heißt es etwa von Katrin Göring-Eckardt, der Fraktionschefin der Grünen. Das Ergebnis gebe Hinweise auf die mangelnde Wirksamkeit der Vereinbarung. Sie und die frauenpolitische Sprecherin der Grünen fordern in einer Erklärung: „Gleichstellung in den Betrieben muss verpflichtend werden.“

Ein Gesetz fordert auch die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Inge von Bönninghausen: „93,5 Prozent der Unternehmen tun nichts. Es ist ganz offensichtlich überhaupt nichts passiert. Diese Zahl ist so miserabel, dass Schröder sich etwas einfallen lassen muss“, sagte sie der taz. Auch der DGB findet, dass „es jetzt einen Schub geben muss“, so die Leiterin der Abteilung Gleichstellungs- und Frauenpolitik beim DGB-Bundesvorstand, Anne Jenter. Ohne gesetzliche Regelungen gehe es ganz offensichtlich nicht.

Das Frauenministerium dagegen hielt sich zurück: „Erst Ende des Jahres wird die offizielle Bilanz gezogen“, so Sprecherin Christine Mühlbach. Dazu würden neben den Zahlen des Instituts für Arbeitsmarktforschung auch verschiedene andere Studien herangezogen, etwa von den Unternehmensverbänden selbst. Auch in der Kommentierung wolle man dem nicht vorgreifen.

HEIDE OESTREICH

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