Lebensraum bedroht

Hamburg hatte ein gutes Storchenjahr. Vögel aber weiter unter Druck. Ihr Schutz hilft auch andern Arten

HAMBURG taz ■ Während der Sommer seinem Höhepunkt zusteuert, rüsten die ersten Hamburger Störche schon zur Wanderung in den Süden. 26 Störche werden in diesem Jahr zum ersten Mal nach Afrika fliegen, neun mehr als im vergangenen Jahr, wie der Naturschutzbund (Nabu) vermeldet. Von 16 Storchenpaaren blieben fünf kinderlos. 2002 hatten nur sechs Paare gebrütet. „Offensichtlich fruchten endlich unsere umfangreichen Schutzmaßnahmen für diesen herrlichen Großvogel“, freut sich Jürgen Pelch, Nabu-Referent für den Storchenschutz. Tatsächlich gehört die Zahl von elf Brutpaaren zu den Spitzenwerten der vergangenen 28 Jahre.

Der Nabu, der den Storch als Wappentier führt, engagiert sich seit 30 Jahren für die Erhaltung dieser Art. Überwiegend ehrenamtliche Helfer haben Plattformen für 50 Storchenhorste aufgestellt und restaurieren diese regelmäßig. Die Vogelschützer verfügen in den Vier- und Marschlanden im Südosten der Stadt über eigene Flächen, deren Grabensystem sorgfältig gepflegt und mit einem hohen Wassserstand gefahren wird. „So kann sich hier eine üppige Tier- und Pflanzenwelt entwickeln“, sagt Pelch. Es profitieren nicht nur die Störche, sondern auch Wiesenvögel wie der Kiebitz, der Rotschenkel, die Bekassine und die Uferschnepfe.

In diesem Jahr ist es dem Nabu gelungen, einen prominenten Unterstützer für den Storchenschutz zu gewinnen: Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat die Schirmherrschaft für den Storchenschutz übernommen. Jetzt muss er sich bemühen, ihren Lebensraum, der weiter geschrumpft ist, zu erhalten. „200 Hektar feuchtes, extensiv genutztes Grünland braucht ein Storchenpaar in unmittelbarer Nähe seines Horstes, um genügend Nahrung zur Aufzucht der Jungen zu finden“, sagt Pelch.

Der Nabu-Referent hält den Storchenbestand trotz des Bruterfolgs weiter für gefährdet. Bei anhaltender Bebauung werde es in 10 bis 15 Jahren es in den Vier- und Marschlanden keine grüne Wiese und damit keine Störche mehr geben. Trotz der vielen Gefahren, die den Vögeln aus anderen Quellen drohen – Stromleitungen, vergiftete Beutetiere, Abschuss auf der Wanderung – scheint die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen in den Brutgebieten am gefährlichsten zu sein. Die Vier- und Marschlande müssten daher als Kulturlandschaft erhalten und ihre Bebauung gestoppt werden, fordert Pelch. Gernot Knödler