Karl Marx fördern mit Mode aus Moskau

Weil auf der Karl-Marx-Allee zu wenig los ist, sorgen sich Inhaber der Geschäfte um das Image des Prachtboulevards

Die Karl-Marx-Allee in Friedrichshain ist mit 2,8 Kilometern Länge das größte Flächenbaudenkmal weltweit – und wahrscheinlich auch das leerste. Während Berlins Kieze vor Leben quieken, kann von Szene hier keine Rede sein. Zwar sind die Wohnungen beliebt, nur 7 Prozent sind nicht vermietet. Unten auf der Straße aber sieht es anders aus. Trotz Hochsaison sind auf dem einst Stalin geweihten DDR-Boulevard keine Touristen zu sehen. Auch einheimische Passanten sind Mangelware, die Läden fast kundenlos.

Das will der „Förderverein Karl-Marx-Allee“ nun ändern. Vornehmlich Geschäftsleute, deren Unternehmen am Boulevard angesiedelt sind, haben sich hier zusammengeschlossen. Fast alle kamen nach der Wende, die „Urgesteine“ der Allee, also die Erstbezieher aus den 50er-Jahren gehören nicht zu diesem Kreis. Denn den Karl-Marx-Förderern geht es weniger um sozialistische Nostalgie als um die kapitalistische Verwertung der ehemals volkseigenen Prachtmeile.

„Hier soll keine Verherrlichung stalinistischer Politik stattfinden“, erklärt Erich Kundel, stellvertretener Vorsitzender des Vereins. Die allgemeine Ostalgie sieht er mit Skepsis, lieber sähe er eine Öffnung für lebendige Ostkultur. Die Meile führt Richtung Osten, darin könne eine Möglichkeit der Attraktivitätssteigerung liegen, glaubt Kundel. Etwa durch Mode aus Moskau oder Schmuck aus Polen. „Wir müssen Besonderheiten bieten. Die Konkurrenz auf der grünen Wiese ist mächtig und auch das Ring-Center entzieht uns Kunden“, weiß Kundel.

Derzeit einziges herausragendes Merkmal ist die hohe Discounterdichte. Tena Lady, Lottoschein und Fox Billigkleidung sind eine skurrile Kombination, die Shoppingwilligen keinen Kick versetzt. Die anderen Geschäftsleute bringt sie umso mehr in Rage. Der Karl-Marx-Förderverein appellierte bereits erfolgreich an die Vermieter, die Ladengeschäfte sorgfältig auszuwählen, gegebenenfalls lieber zu warten, bevor falsch verpachtet werde. „Ein negatives Image schadet dem gesamten Gebiet und bremst den seit zwei Jahren währenden Aufschwung“, erklärt Kundel. Gleichzeitig warnt er aber vor einem starren Entwicklungsplan. Damit könne man auch keine Lebendigkeit schaffen. Der Verein wünscht sich vielmehr eine geschlossene Landenzeile und mehr Gastronomie. CHRISTIN GRÜNFELD