US-Basis in Island vor der Schließung

Washington will Jagdflugzeuge aus Keflavík abziehen. Regierung in Reykjavík: Verteidigungsabkommen beendet

STOCKHOLM taz ■ Island, trotz Nato-Mitgliedschaft schon jetzt Land ohne eigene Soldaten, könnte bald zu den wenigen gänzlich militärfreien Ländern der Erde gehören. Die Regierung droht den US-Stützpunkt Keflavík, auf dem rund 2.000 US-Soldaten stationiert sind, dichtzumachen. Zu Zeiten des Kalten Krieges als „unsinkbarer Flugzeugträger im Nordatlantik“ gepriesen, hat der Stützpunkt für die USA und die Nato mehr und mehr an Bedeutung verloren.

Einst war Keflavík der Endpunkt eines geheimen Unterwasserkabels, das von Nordnorwegen über den gesamten Nordatlantik reichte und mit dessen Hilfe der U-Boot-Verkehr der Sowjetunion überwacht wurde. Diese Kontrolle ist nahezu das Einzige, was Island für das Pentagon noch interessant macht. Doch dafür brauchen die USA lediglich vier Überwachungsflugzeuge vom Typ P-3C Orion.

Deshalb kündigte die US-Administration im Juni an, man wolle das militärische Engagement auf Island beenden – mit Ausnahme der U-Boot-Überwachung. Bislang waren noch F-15-Jagdflugzeuge und Helikopter auf Keflavík stationiert gewesen, in welchen Island so etwas wie einen provisorischen Luftverteidigungsschirm sehen konnte.

Islands Premier David Oddson hatte kürzlich zur Stützpunktfrage ein Gespräch mit Präsident Bushs sicherheitspolitischer Ratgeberin Condoleezza Rice. In der letzten Woche traf er Nato-Generalsekretär George Robertson. „Wir haben kein Interesse an einem Verteidigungsabkommen, das unserem Land nichts mehr nutzt“, sagte Oddsons außenpolitischer Ratgeber Albert Jonsson nach den Treffen. Zögen die USA die Flugzeuge ab, sei dies das Ende des Abkommens.

Island fühlt sich von Washington ungerecht behandelt, da man sich selbst als besonders treuer US-Verbündeter sieht. Es gab keine Diskussion über die Nutzung von Keflavík als Zwischenlandeflugplatz im Irakkrieg. Für den Balkan, Afghanistan und den Irak trägt das kleine Land mit humanitärer Aufbauhilfe bei. Die isländische Regierung habe sich so festgelegt, dass ihr nichts anderes übrig bliebe, als bei einem Abzug der F-15-Flugzeuge das Verteidigungsabkommen von 1951 zu kündigen und die verbleibenden US-Truppen zum Verlassen von Keflavík aufzufordern, spekulierte die Tageszeitung Morgunbladid. 1991 war dieses Abkommen um 10 Jahre verlängert worden. Die für 2001 vorgesehene Erneuerung hatte sich aufgrund des 11. Septembers verzögert. Doch im Sommer 2002 hatte US-Außenminister Colin Powell versprochen, eine Änderung der Militärpräsenz sei nicht vorgesehen. Nun ist der Abzug der Kampfflugzeuge vom Pentagon für „Ende des Sommers“ angekündigt worden. REINHARD WOLFF