Kreative Verweigerung

betr.: „Hang the VJ“, tazplan vom 1. 7. 04

Ja ich kenne da noch Zeiten wo kein einziger Berliner Club auch nur einen Funken Idee von Visuals und visueller Liveperformance hatte. Die Leute waren so unvisionär, eingefahren auf ihre Licht/Ton/Deko-Schiene da war erst mal viele Jahre kreative Verweigerung in Berlin. Das Wort VJ entstand dann viele Jahre später und alle hechelten nach den nett blinkenden X-MIX- Kassetten. Jeder der diese VHS-Kasetten besaß und wusste wie man einen VHSrekorder bedient war dann schon ein potenzieller „VJ“.

Sechs Jahre davor, als ich meine „Computergrafikliveperformance“ 1988 im Club Mavo in Wien darbot, hatte ich nur einen unter hunderten Veranstaltern gefunden, der überhaupt mit VisualArt etwas anfangen konnte. Man sollte heute auf Grund steigender Zahl von Wichtigtuern auch klar zwischen den unkreativen wichtigtuenden VJs und den produzierenden Medienkünstlern unterscheiden, denn der VJ ist natürlich häufig ein Wichtigtuer ähnlich den DJs , da er nur wenig Kreativität aufbringen muss, indem er die Kreativität anderer aufführt oder ineinanderblendet, notfalls ist heute der VJ gänzlich durch Soundanalyse und Visualisierungssoftware zu ersetzen. Dann blinkt es genauso wie in der anderen Disko um die Ecke, ist aber billiger und interessiert natürlich bald keinen mehr. Also das Problem ist die fehlende Kreativität der Veranstalter und ihre Unfähigkeit der Qualitätsbeurteilung eines visuellen Acts, sonst würde er den Unterschied zwischen Mediaartist und VJ kennen. Der Medienkünstler stellt die Filmwerke, die er aufführt, selber her. Er macht eine Installation zu seinen Animationen. Er ist kreativ, technisch versiert und hat einen oder mehrere unverwechelbare „Styles“, das macht den großen Unterschied. Der wichtigtuende VJ der selbstähnlich ohne eigene oder mit nur mäßiger kreativer Komponente sich zu Tode mixt ist genauso ersetzbar wie Kulturredakteure, die Dunkelheit der Videokunst einfach völlig undifferenziert vorziehen und die dunkle Plätze zum „daneben benehmen“ wichtiger einschätzen als Kunst im öffentlichen Raum. Also auch für Tobias Rapp eine Gelegenheit Abschied zu nehmen von der Videokunst und der Differenzierung. Er könnte sich einfach in die dunkle Ecke setzten und sich mit Verbotenem zumachen. Dann könnte jemand der „BlaBla&“ & „Wichtigtu“ von „Kunst“ und „Werk“ unterscheiden kann seine Berichterstattung übernehmen. EL GEKO, Medienkünstler Wien

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