steffen grimberg
: Fernsehen zum Blättern

Nur von Experten, aber nicht nur für Experten: Das „Jahrbuch Fernsehen 2004“ ist erschienen

Für medial interessierte Menschen ist auch im Sommer noch mal Weihnachten. Dann, wenn kurz vor den Ferien das alljährliche „Jahrbuch Fernsehen“ erscheint. Es ist eine der ganz wenigen Konstanten einer Branche, über die wir eigentlich – wenn man genau überlegt – trotz all der Spaltenkilometer in den Zeitungen verhältnismäßig wenig wissen. (Der Branche selbst geht es übrigens genauso.)

Doch das „Jahrbuch Fernsehen“ ist keine dröge Aneinanderreihung von Wirtschaftsdaten, das verrät schon der in diesem Jahr besonders hübsche Buchtitel mit dem Judaskuss des neuen ProSiebenSat.1-Besitzers Haim Saban: Der derart geherzte Vorstandschef Urs Rohner bekam wenig später den Marschbefehl in die Wüste.

Ein weiterführender Text zum Komplex fehlt dann allerdings bei den Essays, die traditionell das seit 1992 als Gemeinschaftsprojekt von Adolf-Grimme-Institut (die mit dem Preis), dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik und dem Fachdienst Funkkorrespondenz erscheinende Jahrbuch eröffnen. 2004 sind die Essays insgesamt etwas dünne geraten, mit Ausnahme der Bilanz zu 20 Jahren Privatfernsehen und der von Jahr zu Jahr lesenswerteren Chronik des Kölner Medienvirtuosen Dietrich Leder. Merkwürdig blutleer kommt ein „Gespräch mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zur Medienpolitik“ daher. Obwohl – bei Koch vieleicht doch nicht ganz so verwunderlich. Aber warum wird es dann gedruckt? Unverzichtbar dagegen die Sammlung der besten Fernsehkritiken des TV-Jahrgangs 2003 und der umfängliche Service-Teil, der für Laien wie Fachleute etwas Licht in die Zusammenhänge des Fernsehdschungels bringt. Oder hätten Sie gewusst, wo Sie anrufen müssen, um dem Redaktionsleiter von „Anke Late Night“ mal die Meinung zu sagen? (Josef Ballerstaller, 02 21-6 70 60).

„Jahrbuch Fernsehen 2004“. Hrsg: Adolf-Grimme-Institut, gep u. a.; 29,90 €; Bezug: Buchhandel oder unter www.grimme-institut.de