Irak und Syrien vereinbaren Grenzkontrollen

Damaskus will das Einsickern von Kämpfern verhindern. Dafür sollen israelische Aktivitäten eingestellt werden

KAIRO taz ■ Die neue irakische Regierung arbeitet daran, ihr Verhältnis zu den Nachbarländern zu verbessern. Ein erster Erfolg: die Reise des irakischen Vizepremiers Barham Saleh nach Damaskus. Syrien und der Irak einigten sich darauf, gemeinsam die Grenze abzusichern, um die Infiltration ausländischer Kämpfer in den Irak zu verhindern.

„Spezialtruppen werden in Zukunft alle Arten von Einsickerung verhindern“, beschrieb Saleh den neuen Deal zuversichtlich. Und die Syrer sagen zu, dass sie angesichts der schwachen irakischen Sicherheitskräfte zunächst den Löwenanteil dieser Aufgabe übernehmen. Den Plan tatsächlich in die Tat umzusetzen dürfte allerdings nicht einfach sein. Die 600 Kilometer lange Grenze wird seit Generationen von Mitgliedern der zu beiden Seiten lebenden lokalen Stämme und von Schmugglern überquert.

Doch für die irakische Regierung hat die Übereinkunft auch politisches Gewicht. Die syrische Regierung zählte zu den schärfsten arabischen Kritikern des Irakkriegs und der US-Besatzung. Nun hat sie die irakische Übergangsregierung de facto anerkannt, obwohl der Irak nach arabischer Lesart bisher nicht seine volle Souveränität erhalten hat. In Damaskus wird bereits offen diskutiert, wer der erste irakische Botschafter sein könnte. Ein Durchbruch für die Regierung in Bagdad, der auch Auswirkungen auf den Rest der arabischen Welt haben dürfte. Syrien erhofft sich mit der Übereinkunft vor allem, die US-Kritik gegen das Land abzuschwächen. Washington hatte vor wenigen Wochen Sanktionen gegen Syrien verhängt, unter anderem mit dem Argument, dass die Regierung in Damaskus nichts unternehme, um das Einsickern von arabischen Dschihad-Kämpfern auf irakisches Territorium zu verhindern.

„Iraks Sicherheit ist gleichbedeutend mit unserer Sicherheit“, erklärte Syriens Präsident Baschar Assad nun seinem Gast aus Bagdad. Doch die syrischen Grenzkontrollen sind vermutlich nicht ohne Gegenleistung beschlossen worden. Es ist kein Geheimnis, dass sowohl Syrien als auch der Iran und die Türkei mit großem Misstrauen die zunehmenden israelischen Aktivitäten im Irak beobachten. Man habe auch die syrischen Sorgen über angebliche Aktivitäten des israelischen Geheimdienstes Mossad im Irak diskutiert, erklärte Saleh gegenüber der überregionalen arabischen Tageszeitung Al-Hayat, wenngleich er im gleichen Atemzug abstritt, dass es diese tatsächlich gibt.

Grund der syrischen Sorge sind zahlreiche Berichte, nicht nur in der arabischen Presse, über Mossad-Aktivitäten in den kurdischen Gebieten im Norden des Irak. Laut der US-Zeitschrift The New Yorker soll der israelische Premier Ariel Scharon beschlossen haben, Israels strategisches Verhältnis mit den irakischen Kurden auszubauen und dort eine „signifikante Präsenz“ einzurichten. Laut dem Bericht sollen seit letztem Jahr als Geschäftsleute getarnte israelische Geheimdienstleute kurdische Kämpfer in Untergrundaktivitäten ausbilden, um diese später gegen radikale Schiiten oder arabische Nationalisten einzusetzen. Dies sei „eine dem US-Geheimdienst wohlbekannte Tatsache“, sagt ein nicht namentlich genannter hoher CIA-Beamter.

Zitiert wird auch ein Auszug aus Intel Brief, einem privaten Geheimdienst-Newsletter, der vom ehemaligen CIA-Counter-Terrorismus-Chef Vicent Cannistraro herausgegeben wird. Der türkische Geheimdienst habe „eine groß angelegte israelische Geheimdienstoperation im Nordirak ausgemacht, die auch gegen Syrien und den Iran gerichtet sei“, heißt es dort.

Ein anonymer ehemaliger israelischer Geheimdienstoffizier bezeichnet den israelischen Versuch, in Kurdistan Fuß zu fassen, als „Plan B“, falls die amerikanische Besatzung und Befriedung des Irak schief läuft. Einige in Israel scheinen schon überzeugt zu sein, dass das bereits der Fall ist. Der israelische Expremier Ehud Barak soll laut New Yorker den US-Vizepräsidenten Dick Cheney persönlich gewarnt haben, dass Amerika im Irak verloren habe und dass es keine Möglichkeit gebe, die Besatzung zu „gewinnen“. Nun könne die US-Regierung nur noch wählen, wie groß die Demütigung am Ende ausfällt. KARIM EL-GAWHARY