Kein Neubau für Neu-Hamburger

SPD wittert heranziehende Wohnungsmarktkrise: Geringer Wohnungsbau und eine abnehmende Zahl an Sozialwohnungen führten zu Mietsprüngen und der Abwanderung von Familien ins Umland

VON MARCO CARINI

Handeln tut not. „Wir müssen jetzt rigoros intervenieren, um eine voll ausgebildete Wohnungskrise noch zu verhindern“, warnt SPD-Wohnungsbauexperte Andy Grote. Nach jahrelangem Stillstand auf dem Wohnungsmarkt zeichne sich die Krise nun ab – anziehende Mieten, wie sie der aktuelle Mietenspiegel ausweise, seien nur erste Vorboten.

Die Rechnung Grotes: Hamburgs Bevölkerung wächst Jahr für Jahr um rund 7.500 Einwohner – und die bräuchten Wohnraum. Wurden in den 1990er Jahren noch jährlich 7.000 Wohnungen fertig gestellt, sank die Zahl der Neubauten unter den CDU-geführten Senaten auf zuletzt traurige 3.173. Nötig aber wären nach Rechnung Grotes zwischen 5.000 und 8.000 neue Wohnungen jährlich, um den Wohnungsmarkt stabil zu halten. Sonst drohe die Abwanderung von Hamburgern, die keine Wohnung fänden, ins Umland.

Noch deprimierender sehe es im geförderten Wohnungsbau aus. Gab es Anfang der achtziger Jahren noch rund 300.000 Sozialwohnungen in Hamburg, 2001 noch mehr als 150.000, so werde ihre Zahl 2010 Senatsprognosen zufolge die 100.000er-Grenze unterschreiten. Während jedes Jahr tausende Sozialwohnungen aus der sozialen Preisbindung fielen und deren Mieten sich sprunghaft erhöhten, sei der Sozialwohnungsbau fast zum Stillstand gekommen. 2007 übergab der städtische Wohnungskonzern SAGA / GWG gerade mal 36 geförderte Neubauwohnungen an seine Mieter.

Die SPD fordert nun „Zehn Schritte aus der Wohnungskrise“. Die Stadt müsse über ihre bisherigen Anstrengungen hinaus sofort „preisgünstige Baugrundstücke“ für 2.000 Wohnungen im Geschosswohnungsbau zur Verfügung stellen. Mindestens 2.000 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau müssten pro Jahr gebaut werden, davon allein 1.000 von den städtischen Wohnungsunternehmen.

Zudem müsse die Stadt per anno rund 1.000 auslaufende Belegungsbindungen im Wohnungsbestand ankaufen, um hier dauerhaft günstige Mieten zu sichern. Städtische Grundstücke sollten in Zukunft nicht mehr an den meistbietenden Investor, sondern nach wohnungspolitischen Gesichtspunkten vergeben werden.

Der Linke-Abgeordnete Joachim Bischoff beklagt einen „massiven Abbau der sozialen Instrumente des Wohnungsmarkts“ in den vergangenen Jahren. Er fordert deshalb ein breites Bündnis für eine Ankurbelung des Wohnungsbaus, der besonders Einkommensschwachen, älteren und kranken Menschen zugute kommen müsse.