Nordbank zwischen Pest, Cholera und Typhus

Die Entscheidung über die Zukunft der hoch verschuldeten HSH Nordbank steht unmittelbar bevor. Drei Varianten zur Lösung liegen auf dem Tisch. Keine ist wirklich erfreulich. Teuer für Hamburg und Schleswig-Holstein aber sind alle drei

Bei der Zukunft der HSH Nordbank gehe es letztlich „um die Wahl zwischen Pest, Cholera und Typhus“, seufzt ein Insider des schwarz-grünen Senats in Hamburg. Wie auch immer man versuche, die Krise der gemeinsamen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein zu lösen – die Risiken seien beträchtlich oder gar „in vollem Umfang kaum abzuschätzen“.

In Hamburg wurde am Dienstag die so genannte Senatsvorbesprechung – die vor offiziellen Senatssitzungen informell tagende Runde aus Senatoren und Staatsräten – von einem Wirtschaftsprüfer und einem Experten der Finanzbehörde auf den neuesten Stand gebracht. „Die grobe Richtung“ sei nun bekannt, heißt es im Rathaus. In Kiel hatte zeitgleich Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher dem Kabinett Bericht erstattet. Dabei seien „grundsätzliche Fragen über künftige Strukturen“ erörtert worden, erklärte Ministerpräsident Harry Peter Carstensen (CDU) anschließend. Details wollte er nicht nennen.

Entscheidungen würden erst fallen, heißt es in Kiel und Hamburg übereinstimmend, wenn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ihr Gutachten über die Bilanzen der HSH Nordbank vorgelegt hat. Mit der Expertise wird in wenigen Tagen gerechnet.

Danach wollen die beiden Landesregierungen unverzüglich über die Zukunft der Nordbank beraten. Dabei werden sie sich für eine von theoretisch drei Möglichkeiten entscheiden müssen. Zur Auswahl stehen die Auslagerung fauler Kredite in eine „Bad Bank“, Staatsgarantien in unabsehbarer Höhe oder die Erhöhung des Eigenkapitals.

Bei der ersten Variante – Pest – würde die Bilanz der HSH Nordbank entlastet, das Institut stünde kurzfristig wieder gut im Saft. In der „Bad Bank“ würden schlechte Papiere von bis zu 80 Milliarden Euro gebündelt. Platzt das Konstrukt, müssen Hamburg und Schleswig-Holstein Zahlungen in dieser Höhe leisten. Das würde ihre Jahreshaushalte bei weitem überschreiten. Anschließend wären sie definitiv pleite.

Auch bei der zweiten Option – Cholera – müssen Hamburg und Schleswig-Holstein kurzfristig kein frisches Geld zuschießen, sondern gehen mit „nur“ höchstens 30 Milliarden Euro in die Haftung – eine Garantiesumme, die gleichfalls für den Staatsbankrott reichen würde.

Bliebe als Drittes die Typhus-Variante: Hamburg und Schleswig-Holstein übernehmen die Verluste der HSH Nordbank von zwei- bis zweieinhalb Milliarden Euro und schießen weiteres Geld zur Erhöhung des Eigenkapitals zu. Insgesamt müssten die Länder für etwa 3,5 Milliarden Euro neue Schulden machen. Der Vorteil dieser Lösung wäre, dass die Aktion transparent ist und die Risiken bekannt sind.

Unterm Strich aber sei keine der Optionen wirklich erfreulich, dringt aus dem Hamburger Rathaus: „Das ist eine No-Win-Situation.“ SVEN-MICHAEL VEIT