Kölns politische Kultur geht baden

CDU-Fraktionschef Karl-Jürgen Klipper tritt nach Kritik an seinem Personalvorschlag für das Amt des Kölner Kulturdezernenten erst zurück – und dann doch nicht. Grüne kritisieren „chaotische Zustände“

Von Frank Überall

Im Zurücktreten hat Karl-Jürgen Klipper jetzt Übung. Am Montag Abend warf der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kölner Stadtrat das politische Handtuch, wenige Stunden später trat er vom Rücktritt zurück. Die Spekulationen über die Zukunft des angeschlagenen Politikers beschäftigten am Dienstag das Rathaus. Fast zum Nebenprodukt wurde dabei der Auslöser des Streits: Christoph Nix wird in Köln nix.

Mit dem Intendanten des Kasseler Staatstheaters hatte die schwarz-grüne Ratsmehrheit gemeinsam mit Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) ihren Wunschkandidaten für das Amt des Kölner Kulturdezernenten präsentiert. Jetzt musste Klipper feststellen, dass es dafür in der CDU-Fraktion überhaupt keine Mehrheit gab. Dem Vernehmen nach sollen vor allem zwei „Ehemalige“ Kritik geäußert haben: der frühere Parteichef Richard Blömer und der einstige Fraktionschef Rolf Bietmann. Wie die taz aus Ratskreisen erfuhr, hatten christdemokratische Emissäre zudem bereits am Wochenende hinter dem Rücken ihres Chefs diskret bei Sozialdemokraten nachgefragt, ob sie nicht vielleicht einen Gegenkandidaten zu Nix unterstützen würden. Auch konkrete Namen seien dabei genannt worden.

Wütend echauffierte sich Klipper vor der versammelten Fraktion, beschwerte sich über die mangelnde politische Unterstützung und erklärte seinen Rücktritt. CDU-Vorsitzender Walter Reinarz bestätigte der taz, dass er Klipper daraufhin zum Bleiben überredet habe. „Damit ist die Sache erledigt.“ Aber Reinarz räumte ein, das Verfahren sei „sehr unglücklich gelaufen“.

Was hinter dem Rücktritt vom Rücktritt steckt, ist parteipolitisches Kalkül. Klipper ist immerhin der Spitzenkandidat der Kölner CDU zur Kommunalwahl; im Gegensatz zu allen anderen Kommunen in NRW tritt in Köln ja niemand für den Posten des Oberbürgermeisters an, weil Fritz Schramma auf neun Jahre gewählt ist. Der CDU blieb also in der größten Stadt des Landes eine politische Peinlichkeit erspart. Zumindest eine.

Denn der grüne Koalitionspartner hackt auf der Union bereits herum. „Entsetzt“ äußern sich die Grünen in einer Pressemitteilung, es gebe „chaotische Zustände“. Fraktionschefin Barbara Moritz sagte der taz, die CDU habe ihre Unzuverlässigkeit unter Beweis gestellt, das sei in der Tat ein Problem. Christoph Nix wäre der richtige Kandidat gewesen, betonen die Grünen. „Köln hätte mit ihm Wege aus der Kulturkrise gefunden“, heißt es in einer Erklärung des Fraktionsvorstandes. „Stattdessen wurde er zum Spielball konservativer machtpolitischer Grabenkämpfe innerhalb der Kölner CDU, deren Protagonisten auch vor einer Beschädigung des kurz zuvor noch hoch gelobten Kandidaten nicht zurückschrecken.“

„Die Strippenzieher in der Stadtspitze und bei Schwarz-Grün haben der Kulturstadt Köln erneut einen großen Schaden zugefügt“, schimpfte der FDP-Fraktionschef Ralph Sterck.

Der sozialdemokratische Ratsfraktionsvorsitzende Martin Börschel und Kölns SPD-Chef Jochen Ott forderten von Ratsmehrheit und Stadtspitze eine Entschuldigung bei den Kulturschaffenden in der Stadt. „Auch wenn der Ruf ruiniert ist, muss man nicht ungeniert jede Stillosigkeit begehen.“ OB Schramma müsse jetzt auch erklären, warum er erst nach der Präsentation des Kandidaten Nix auf die Idee gekommen sei, mit seinem aus Kassel stammenden Stadtentwicklungsdezernenten Streitberger über den Kandidaten zu reden, forderten Börschel und Ott.