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: Todesurteil einer Willkürjustiz

Jedes andere Urteil als die Todesstrafe wäre im Prozess gegen die Bali-Attentäter überraschend gewesen. Das Gericht stand unter hohem öffentlichen Druck, der nach dem Anschlag in Jakarta vom Dienstag noch gewachsen ist. Dort waren womöglich Komplizen der Bali-Bomber aktiv. Doch hier fangen die Probleme an.

Kommentarvon SVEN HANSEN

Warum sollte ausgerechnet dieses Urteil die Ausnahme in einem Justizsystem sein, das für seine Korruption, politische Abhängigkeit und geringe Glaubwürdigkeit bekannt ist? Von Menschenrechtsgruppen kam noch keine Kritik an den Bali-Prozessen. Die verliefen für indonesische Verhältnisse auch ungewöhnlich reibungslos und schnell. Das schürt aber den Verdacht, dass Druck nachgegeben wurde, denn Politik und Öffentlichkeit wollten ein schnelles Verfahren.

Die Angeklagten haben ihrerseits versucht, die Glaubwürdigkeit der polizeilichen Ermittlungen zu erschüttern, und behauptet, Aussagen seien ihnen unter Zwang abgepresst worden. Das haben sie zwar wenig glaubwürdig vorgetragen. Doch weil solche Vorwürfe öfter zutreffen, müssen sie von den höheren Instanzen überprüft werden.

Am fragwürdigsten an diesem Todesurteil ist aber, dass es unter anderem auf den Antiterrorgesetzen basiert, die erst nach dem Bali-Anschlag hastig verabschiedet wurden. Diese rückwirkende Gültigkeit widerspricht gängigen Rechtsnormen. Zu denken gibt das Todesurteil auch im Vergleich zu anderen indonesischen Gerichtsentscheidungen der letzten Wochen. So erhielt Anfang Juli ein Aktivist in der abtrünnigen Provinz Aceh eine fünfjährige Haftstrafe, der sich dort friedlich für eine Volksabstimmung eingesetzt hatte. Soldaten, die dort Frauen vergewaltigten, bekamen nur dreieinhalb Jahre Haft. Noch geringer fiel am Dienstag das Urteil für General Adam R. Damiri aus, der 1999 in Osttimor den Militäreinsatz und den Terror proindonesischer Milizen verantwortete, in dem über tausend Menschen getötet und bis zu 250.000 vertrieben worden waren. Dem Gericht war das nur eine dreijährige Haftstrafe wert, die womöglich nie vollstreckt wird. Zurzeit ist Damiri einer der führenden Generäle im Aceh-Krieg.

Die Urteile zeigen, wie willkürlich Indonesiens Justiz arbeitet. Die Todesstrafe ist in keinem Fall akzeptabel, schon gar nicht in einem Land von zweifelhafter Rechtsstaatlichkeit. Selbst wenn Gericht und Ermittler einmal gut gearbeitet haben.

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