der siebte tag
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Luxuskino oder politisches Kino, das ist gerade die große Frage. Oder lässt sich vielleicht das eine mit dem anderen auch verbinden? Sagen wir mal vorsichtig: Es sieht nicht gut aus. Christoph Schlingensief, Mitglied der diesjährigen Berlinale-Jury, hat gestern in einem Interview mit der Berliner Morgenpost nochmals die letzte Woche zum Auftakt der Berlinale erklärte Agenda der Jury bekräftigt: „Wir haben politische Absichten; wir sind uns einig, dass ein Film nur dann eine Chance hat, wenn er in dieser Richtung etwas will. Oder wenn er eine völlig neue Filmsprache trifft, selbst wenn wir die vielleicht gar nicht verstehen.“ Nicht nur dies sagte Schlingensief, er ergänzte auch gleich: „In dieser Hinsicht habe ich bislang allerdings noch nichts entdeckt.“

Die Ratlosigkeit der Jury hat die Organisatoren der jährlichen Benefiz-Gala „Cinema For Peace“ am Montagabend natürlich nicht davon abgehalten, trotzdem ausgelassen Wohltätigkeit und Berühmtsein zu feiern. Leonardo DiCaprio, Michail Gorbatschow, Joschka Fischer, Bob Geldof und viele andere Rote-Teppich-Instanzen fanden sich im Berliner Konzerthaus zu Filet vom Brandenburger Jungrind ein. Bei dem Prass-Event, das – wie Berlinale-Chef Dieter Kosslick nicht müde wird zu betonen – mit der Berlinale direkt nichts zu tun hat, wurde Gus Van Sants „Milk“ als „wertvollster Film des Jahres“ ausgezeichnet und „Operation Walküre“ bekam den „Inspirationspreis“. Zwei Beispiele für ein Kino also, die sich sicher gut beklatschen, ganz sicher aber noch keine neue Filmsprache erkennen lässt. „Mir hat’s gut gefallen“, erklärte trotzdem Peter Lohmeyer nach der Gala und sagte, er habe Lust bekommen, sich die Filme anzuschauen.

So soll’s ja irgendwie auch sein, und so könnte Lohmeyer dann – nur ein Vorschlag – gleich weiterziehen in die Astor Film Lounge am Berliner Kurfürstendamm, in der Cinemaxx-Gründer Hans-Joachim Flebbe seit kurzem in einem denkmalgeschützten Filmtheater aus den Fünzigern seine Vision eines „genussvollen Kinos“ probt – mit verstellbaren Designersitzen, Jakobsmuscheln und Champagner. Dass in der Astor Film Lounge die Filme laufen werden, die Tilda Swinton und ihre Kollegen der Berlinale-Jury gerne sehen würden, ist indes unwahrscheinlich. Zur Programmauswahl seiner Luxuslounge erklärt Flebbe: „Keine Hardcore-Filmkunst und kein billiger Klamauk, aber gehobene Unterhaltung.“

Vielleicht ist es also wirklich höchste Zeit, mal zu sprechen. Dieter Kosslick ist schon dran: Die nächste Berlinale im Jahr 2010 möchte er unter das Motto stellen: „Die Zukunft des Kinos als sozialer und kommunikativer Raum“.