Michaela muss weg
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Schon wieder. Wie gestern und vorgestern und vorvorgestern zeigt der morgendliche Blick aus dem Fenster seit Wochen stets dasselbe monotone Bild: einen endlos blauen Himmel. Keine Wolke, kein Wölkchen, kein Cumulus, kein Cirrhus, nichts was mal eine Abwechslung von dieser gleichbleibend gleißenden Hitze bringen würde. Kein sanftperlender Sommerregen, kein Gewitter, dass es rummst und kracht, sondern immer nur: das Dauerhoch Michaela. Das sagt doch schon alles: Dauerhoch. Zum Vergleich stelle man sich eine Wochen und Monate andauernde Erregung vor, ohne Aussicht auf Erlösung. Da wird die größte Lust zur Qual. Unter der Hitze leiden: Wälder und Flüsse, Landwirte und Aale, Schleimhäute und Herz-Kreislaufsysteme. Und die Kreativität. Die muss bei den Temperaturen zu Hause bleiben. Das beginnt bei der Kleiderwahl: Da wird nicht lange überlegt, ob Rock oder Hose, Hemd oder Pulli. Die schlichte Regel: So wenig wie möglich. Auch die Frage „Was unternehmen wir?“ ist schnell geklärt. Nichts. Alles andere wäre zu anstrengend. Und mal ehrlich: Wenn der Wetterdienst ankündigt, dass die olle Michaela bis in den September hinein über Bremen rumhängen wird, dann ist der Anreiz, heute bis in die Nacht hinein an der Schlachte zu hocken, dahin. Morgen ist schließlich auch noch ein – heißer – Tag.

Wie anders ist das doch in gewöhnlichen norddeutschen Sommern: Da wird jeder regenfreie Tag befeiert. Als gebe es kein Morgen, sitzt man ums Lagerfeuer und genießt das laue Sommerlüftchen. Weil man weiß, dass die Gelegenheit so schnell nicht wiederkommen wird. Deshalb: Michaela muss weg. Eiken Bruhn