Lauern in Fischtown

Der Ärger ums Rechnungsprüfungsamt höret nimmer auf. Auch weil Chef Mattern kontert, wo er nur kontern kann. Jetzt mit einem Bericht über die Ereignisse des Jahres 1998

Bremerhaven taz ■ In Bremerhaven kracht es mal wieder rund ums Rechnungsprüfungsamt. Diesmal geht es um den Schlussbericht für das Haushaltsjahr 1998, der in Fischtown erst jetzt diskutiert wird. Das Inhaltsverzeichnis des mehr als hundert Seiten starken Papierstapels liest sich wie eine Skandalchronik: „Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue“ (es geht um ein ehemaliges Magistratsmitglied), „Verdacht auf Vorteilsnahme“ (im Hochbauamt), Sonderprüfungen, und so weiter. Das penible Rechnungsprüfungsamt unter Amtsleiter Rainer Mattern hat seinem Ruf alle Ehre gemacht. Und schon holen sich Bremerhavener Spitzenpolitiker zum Gegenschlag aus.

Dabei ist es noch keine neun Monate her, dass der Untersuchungsausschuss „Rechnungsprüfungsamt“ der Bremischen Bürgerschaft zu Ende ging. Unter Vorsitz des jetzigen Innensenators Thomas Röwekamp (CDU) wurden dutzendfach Behinderungen der Rechnungsprüfer ans Licht gezerrt. Die Ausschussmehrheit aus Großkoalitionären von SPD und CDU verhinderte, dass im Abschlussbericht des Gremiums allzu deutlich Ross und Reiter genannt werden. Nur das Minderheitenvotum der Grünen im Ausschuss kam klar zu dem Schluss, dass es zuhauf „unzulässige Einflussnahmen“ auf das Amt gab.

Und so dreht sich die Mühle weiter. In dem 98er-Schlussbericht geht es auch noch einmal um die Vorgänge rund um den Vertragsentwurf für den Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, der erst zur Einsetzung des Untersuchungsausschuss führte. Der Entwurf sah eine Beförderung Matterns vor, wenn dieser seine Prüfungen nicht mehr bewerte und sich aus Bremerhaven wegbewerbe.

Mattern scheint mit dem jetzt vorgelegten Schlussbericht Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken (SPD), eine der zentralen Figuren der Affäre und des Ausschusses, erneut gereizt zu haben. Denn dieser übergab das vertrauliche Papier seinem Anwalt. Der riet seinem Mandanten, keine Stellungnahme zu dem Bericht abzugeben. Er erfülle nicht die Anforderungen eines Schlussberichts. Benekens Parteifreund und Oberbürgermeister Jörg Schulz übergab den Bericht einem Karlsruher Anwalt, mit der Bitte, nach Passagen zu suchen, die Anlass böten, ein Disziplinarverfahren gegen Mattern einzuleiten. Das Fazit des Juristen aus dem Süden: Der Schlussbericht lege eine sofortige Abberufung Matterns von seinem Posten nahe.

Dem Grünen-Fraktionschef Hans-Richard Wenzel steht der Knatsch ums Rechnungsprüfungsamt bis zum Hals. Auch er wünscht sich eine Abberufung des Amtsleiters, schon alleine „weil es einfacher sei, diesen auszutauschen, als einen Oberbürgermeister loszuwerden“. Beide belauerten sich nur noch gegenseitig.

CDU-Fraktionschef Paul Bödeker hält sich mit Kritik an Mattern zurück. Er findet den Schlussbericht zwar etwas hart, in der Sache aber gut. Einen Anlass, Mattern deswegen Probleme zu machen, erkennt er nicht. Dafür fragt er sich, wer eigentlich die Anwaltskosten tragen soll: „Es gibt keinen gemeinsamen Beschluss, sie einzuholen.“ In der kommenden Woche wolle man sich mit der Frage befassen.

Philipp Jahn