„Die Duellsituation ist das Spannende“

Der frühere Weltklasse-Hürdensprinter Florian Schwarthoff ist der neue Sportliche Leiter beim Istaf, dem Leichtathletik-Meeting im Jahn-Sportpark. Er kündigt an, es werde „in nahezu allen Disziplinen fantastische Starterfelder“ geben

taz: Herr Schwarthoff, wie wird ein Hürdensprinter Sportlicher Leiter beim Istaf?

Florian Schwarthoff: Indem man ihn fragt. Ich war im Dezember, als Istaf-Geschäftsführer Gerhard Janetzky auf mich zugekommen ist, genauso überrascht wie jeder andere. Andererseits hat mich das Angebot sehr gefreut – und deshalb habe ich auch mit großer Freude angenommen. Denn obwohl ich meine aktive Karriere erst seit drei Monaten beendet hatte, habe ich doch gemerkt, dass mir die Leichtathletik fehlte.

Was ist Ihr Job?

Ich bin verantwortlich für die Athleten, für den Zeitplan und, vor allem für die Auswahl und Besetzung der Disziplinen, die wir neben den vorgeschriebenen Golden-League-Disziplinen im Programm haben.

Wann haben Sie damit angefangen, das Starterfeld für das Istaf zusammenzustellen?

Das war relativ spät, auch weil wir dieses Jahr in der guten Position sind, nicht auf aktuelle Medaillengewinner schauen und reagieren zu müssen. Bisher lag das Istaf zeitlich ja immer hinter den Saisonhöhepunkten, sprich EM, WM oder Olympia. Dieses Jahr aber liegen wir zwei Wochen vor der WM in Paris. Dadurch konnten wir die Athleten verpflichten, die aktuell in Topform sind. Dafür haben wir uns viel Zeit gelassen und die Starterfelder relativ kurzfristig, erst ab Juni, zusammengestellt.

Wie muss man sich das konkret vorstellen, ein Starterfeld zusammenstellen?

Als Erstes braucht man ein Konzept, in dem man festlegt, was man mit seinem Meeting überhaupt will, also welche Wettkämpfe und welche Athleten man unbedingt dabei haben möchte. Ich habe dabei die Philosophie vertreten, auf einen einzelnen Favoriten zu verzichten und den Rest des Feldes nur noch aufzufüllen. Für mich ist die Duellsituation das Spannende. Deshalb haben wir versucht, möglichst ausgeglichene Starterfelder zu schaffen, in denen es jeweils einen Topfavoriten gibt, dem aber mindestens ein nahezu gleichwertiger Konkurrent zur Seite steht.

Wie sehr hilft es bei Ihrer Arbeit, dass Sie selbst Athlet der Weltklasse waren?

Sehr viel. Weil ich einen sehr guten persönlichen Kontakt zu fast allen Athleten der aktuellen Weltspitze habe. Und weil ich weiß, wie Athleten ticken und was ihnen wichtig ist. Deshalb hat man mich ja engagiert.

Im letzten Jahr stand der Golden-League-Status auf der Kippe. Was hätte das für das Istaf bedeutet?

Das wäre mehr oder weniger das Aus gewesen. Von so einem hohen Level runtergestuft zu werden auf ein zwar immer noch beachtliches, aber doch nicht mehr Topniveau, das hätten wohl auch die Sponsoren nicht mitgemacht.

Was kann und muss ein Meeting heutzutage leisten, um den Golden-League-Status zu bekommen oder ihn zu erhalten und damit eines der sechs wichtigsten Meetings zu sein?

Perfekte Organisation, hochklassige Wettkämpfe und einen hohen Stellenwert im eigenen Land. Ich glaube, das können wir alles garantieren.

Ein ganz besonderer Coup ist Ihnen mit der Verpflichtung der Sprintasse Maurice Greene und Weltrekordler Tim Montgomery geglückt.

Uns ist es gelungen, den amerikanischen Verband davon zu überzeugen, dass das Istaf der große Wettkampf vor der WM ist und dass die US-Staffel, die ja traditionell eher schlecht wechselt, das in Berlin endlich mal ordentlich üben kann. Der Verband ist darauf tatsächlich eingestiegen und hat seinen Topstars gesagt: Ihr müsst nach Berlin und dort Staffel laufen. Und wir haben dann den Topstars gesagt: Wenn ihr schon mal da seid, dann lauft doch auch Einzel.

Bisher galten die beiden als nicht eben billige Highlights. Wie können Sie sich das leisten ohne Ihren 2,1-Millionen-Euro-Etat allzu sehr zu überziehen?

Wir werden auch wegen Greene und Montgomery nicht über unsere Verhältnisse leben. Den Fehler hat man in früheren Jahren gemacht. Aber wir wissen auch, dass wir große Namen präsentieren müssen. Insofern war es klar, dass wir auch Topstars verpflichten werden.

Wie sehr wurde Ihnen dies dadurch erleichtert, dass die beiden derzeit nicht in allerbester Form – und auch deshalb ein bisschen billiger sind?

Maurice Greene bekommt nicht mehr die Startgelder, die er früher einmal bekommen hat, das ist ganz klar.

Und Montgomery ist in Stockholm gerade 10,37 Sekunden gelaufen. Das bekommen ja sogar deutsche Sprinter hin.

Stimmt. Wobei man bei Montgomery sagen muss, dass es sein erstes Rennen war nach langer Pause. Der wird sich jetzt kontinuierlich steigern – und am Sonntag in Topform sein.

Maurice Greene hat bisher nur für die Staffel zugesagt. Wie werden Sie ihn auch noch zum Einzelstart überreden – und damit zum Duell mit Montgomery?

Wir werden alle Fäden ziehen, um das zu erreichen. Und momentan sieht es nicht schlecht aus.

Wie können Sie verhindern, dass die anderen Disziplinen hinter diesem Duell der schnellen Männer nicht in Vergessenheit geraten?

Dass das Duell der schnellsten Männer der Welt einen ganz besonderne Reiz ausübt, ist uns natürlich bewusst. Aber wir haben in nahezu allen Disziplinen phantastische Starterfelder. Und die werden wir auch entsprechend präsentieren.

Interview: FRANK KETTERER