Kein Geld für italienische Zwangsarbeiter

Bundesverfassungsgericht lehnt Klage von italienischen Kriegsgefangenen, die zu zivilen Zwangsarbeitern wurden, ab. Sie durften bei Zwangsarbeiter-Stiftung ausgegrenzt werden, entscheidet das Karlsruher Gericht. Anwalt: „Absurd“

FREIBURG taz ■ Auch in Karlsruhe haben die italienischen Militärinternierten des Zweiten Weltkriegs keinen Erfolg. In einem gestern bekannt gemachten Beschluss lehnte das Bundesverfassungsgericht ihre Klage gegen die im Jahr 2000 eingerichtete Zwangsarbeiter-Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ ab. Sie wollten bei deren Leistungen nicht ausgeschlossen werden.

Es geht um das Schicksal von 600.000 italienischen Veteranen, von denen nach Angaben des Rechtsanwalts Joachim Lau etwa 150.000 noch leben. Nach dem Seitenwechsel Italiens 1943 wurden sie zu deutschen Kriegsgefangenen und zum Arbeitseinsatz nach Deutschland verschleppt. Knapp 1.000 von ihnen wollten in Karlsruhe eine Änderung des Stiftungsgesetzes erreichen, das Kriegsgefangene von den Leistungen ausschließt.

Eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Zweiten Senats lehnte die Klage nun aber ab. Das Gesetz nehme den Veteranen keine Eigentumsrechte, denn persönlichen Schadenersatzansprüche nach einem Krieg bestünden nach der Haager Landkriegsordnung von 1907 nur zwischen Staaten.

Auch sei der Ausschluss von Kriegsgefangenen im Stiftungsgesetz kein Verstoß gegen den Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Völkerrecht erlaube in gewissen Grenzen den Arbeitseinsatz von gefangenen Soldaten. „Dem Gesetzgeber ist (…) auch nicht verwehrt, zwischen einem allgemeinen, wenn auch harten und möglicherweise mit Verstößen gegen das Völkerrecht einhergehenden Kriegsschicksal und Opfern von in besonderer Weise ideologisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes zu unterscheiden und (…) nur letztere in den Kreis der Leistungsberechtigten nach dem Stiftungsgesetz einzubeziehen“, hieß es in der Begründung.

Die etwas oberflächliche Entscheidung geht allerdings auf zwei entscheidende Argumente der Kläger gar nicht ein. So verloren die italienischen Soldaten ab August 1944 ihren Status als Kriegsgefangene, nachdem sie in zivile (Zwangs-)Arbeitsverhältnisse überführt wurden. Für die Bundesregierung, die sich auf ein Gutachten des Völkerrechtlers Christian Tomuschat beruft, ist das kein Argument, weil der Statuswandel rechtswidrig gewesen sei. Anwalt Lau weist das Argument zurück. „Es ist schlicht absurd, dass sich Deutschland auf den eigenen Bruch von Völkerrecht beruft, um damit heute Zahlungen an die Opfer zu vermeiden.“

Außerdem haben polnische Kriegsgefangene wegen ihrer späteren Überführung in zivile Verhältnisse durchaus Leistungen aus der Stiftung erhalten. Dies liegt wohl daran, dass die polnische Regierung gut verhandelt hat, während es Italien damals wichtiger war, Deutschland als Fürsprecher beim Übergang in die Währungsunion nicht zu verärgern. Im Gesetz wird deshalb zwischen west- und osteuropäischen Kriegsgefangenen unterschieden. Allerdings waren die vermeintlichen italienischen „Verräter“ nicht besser behandelt worden als osteuropäische Exsoldaten, betont der Freiburger Historiker Ulrich Herbert. Doch auch hierzu schweigen die Richter.

Die Kläger hoffen jetzt auf ein Musterverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin, wo 4.000 Italiener versuchen, außerplanmäßige Leistungen von der Stiftung zu bekommen. Der Prozess, der eigentlich schon im Februar stattfinden sollte, ist derzeit für den Herbst geplant. Az. 2 BvR 1379/01 CHRISTIAN RATH