frisches flimmern
: Um Leib und Leben

Zwei Filme wandeln auf experimentellen Pfaden.

Filmexperiment I

Mehrteiler und Sequels gehören zum einträglichen Filmgeschäft. Auch der neue Film „Ein tolles Paar“ des französischen Filmemachers Lucas Belvaux ist der erste Teil einer Trilogie. Doch kommerzielle Überlegungen spielten hier eher keine Rolle. Alain Costes (Francois Morel) ist Unternehmer in Grenoble und seit zwanzig Jahren mit der Lehrerin Cécile (Ornella Muti) zusammen – ein perfektes Paar. Als ihm ein befreundeter Arzt zu einer Operation rät, sieht der Hypochonder das Ende nahen. Seiner misstrauischen Frau verheimlicht er den Eingriff aber und flüchtet sich in Notlügen. Sie glaubt deshalb, ihr Mann habe eine Geliebte, weshalb sie den Polizisten Pascal (Gilbert Melki) bittet, den Ehemann ihrer Freundin und Schulkollegin Agnès Manis (Dominique Blanc), Alain, zu beschatten. Er findet natürlich die Wahrheit heraus, teilt sie Cécile aber nicht mit, weil er sich in sie verliebt hat. Alain wiederum glaubt, dass auch Cécile einen Geliebten hat. „Ein tolles Paar“ wimmelt nur so von Täuschungsmanövern und Ungereimtheiten. Die chaotische Komödie von Lucas Belvaux handelt von Sex, Liebe, Wahn und Eifersucht. In seiner Trilogie kreuzen sich während einer Terroristenjagd in Grenoble die Handlungsstränge der drei Einzelfilme. Dabei wechselt jeweils die dramaturgische Perspektive. Die Nebenfiguren eines Teils werden die Hauptfiguren des folgenden. Die Werke sind dennoch in sich abgeschlossen. Mit dem Wechsel der Perspektive ändert aber das Genre. Aus der leichten Komödie („Un couple épatant – Ein tolles Paar“ 15.07.) wird ein Thriller („Cavale – Auf der Flucht“ 22.07.) und aus dem Thriller eine Tragödie („Après la vie – Nach dem Leben“ 29.07.). Erst am Ende des Dreiteilers entsteht ein Bild des Ganzen.

Filmexperiment II

Das große Fressen im Selbstversuch: Dreißig Tage lang hat sich der Filmemacher Morgan Spurlock nur von Fast-Food ernährt – bis zum Kotzen. In MTV-Jackass-Manier legte er sich knallharte Regeln auf und aß ausschließlich bei McDonalds. Jedes Gericht auf der Karte musste ausprobiert werden. Angebotene Super-Size-Portionen durften nicht abgelehnt werden. Spurlock lief am Tag nicht mehr als 2000 Schritte. Der körperliche und psychische Verfall waren nicht mehr aufzuhalten. 25 Pfund nahm er zu, seine Leber- und Blutwerte lösten bei seinen Ärzten regelrechte Panik aus. Im Doku-Stil von Michael Moore („Stupid White Men“) führt Spurlock seinen filmischen Feldzug gegen den Konzern. Dazwischen geschnittene Schaubilder verdeutlichen die Ernährungsgewohnheiten der US-Bürger. Mit seinem klamaukartigen Debütfilm gewann er beim Sundance-Festival den Preis für die beste Regie. McDonalds USA hat mittlerweile seine Super-Size-Portionen gestrichen. Zufall? Eine ziemlich fette Satire. STEFAN ORTMANN