In dubio pro Silvio

Italiens Ministerpräsident und Medienmagnat Silvio Berlusconi legalisiert seinen eigenen Interessenkonflikt

ROM taz ■ 100 Tage hatte sich Silvio Berlusconi bei Amtsantritt 2001 gegeben, um den Interessenkonflikt zwischen seiner Rolle als Regierungschef und seiner Stellung als führender Medienunternehmer gesetzlich zu lösen. Am Ende wurden es dann über 1.000 Tage, bis das Gesetz am Dienstagabend vom Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Seit je hatte Berlusconi behauptet, den Interessenkonflikt gebe es gar nicht. Eben diesen Geist atmet das Gesetz: Es definiert den Konflikt einfach weg.

So wird Regierungsmitgliedern künftig nur noch die „reine Eigentümerschaft“ an Unternehmen gestattet, deren operative Führung aber untersagt. Kein Problem für Silvio: Er hatte schon bei seinem Einstieg in die Politik 1994 die Leitung seines Medienimperiums an einen Busenfreund übergeben. Die Familie selbst ist durch die Berlusconi-Sprosse Pierresilvio und Marina auf der Chefetage präsent. Kein Problem auch sind für den Ministerpräsidenten die windelweichen Normen, die verhindern sollen, dass er sein politisches Amt für seine Unternehmensinteressen ausnutzt. Verboten sind bloß politische Akte, die in „spezifischer“ Weise Firmen eines Regierungsmitglieds begünstigen und zugleich „dem öffentlichen Interesse schaden“.

Das vor wenigen Monaten verabschiedete Mediengesetz wäre damit kaum zu verhindern gewesen: Praktisch nutzte es allein Berlusconi, doch theoretisch gewährt es allen Medienunternehmern eine Ausdehnung ihrer Geschäfte. Kurz: Berlusconi kann weitermachen wie bisher, sein Interessenkonflikt ist legalisiert.

Wie gehabt kann die Regierung Steueramnestien erlassen, auch wenn sie Berlusconis Firmen wie geschehen etwa 200 Millionen Euro Nach- und Strafzahlungen einsparen. Und wie gehabt kann der Ministerpräsident seine Medien einsetzen, um seine politischen Interessen zu fördern. MICHAEL BRAUN