Gemeinsam am Nullpunkt

Der 1. FC Köln verliert auch seine zweite Bundesligapartie und hat damit nun so viele Punkte wie der 1. FC Kaiserslautern – nämlich keine. Nur dass man sich in der Pfalz darüber sogar freut

aus Köln CHRISTIANE MITATSELIS

Dirk Lottner, Kapitän des 1. FC Köln, sah aus wie ein echtes Häufchen Elend. In extrem gebeugter Haltung schlich er nach dem 1:2 gegen den 1. FC Kaiserlautern vom Platz. Der Mittelfeldspieler hatte einen Elfmeter verschossen. Und außerdem auch noch ziemlich schlecht gespielt. Das ist nicht schön für einen Fußballer. Lottner wollte nur noch weg, so weit weg wie möglich – und bloß nichts sagen müssen. Natürlich ging das nicht. Ein Haufen gnadenloser Journalisten wollte trotz seines bedauerungswürdigen Zustandes mit Lottner sprechen. Und so hielt er an und sagte: „Tja, so ist das halt. Wir gewinnen zusammen. Und wir verlieren zusammen.“

Der Kölner Kapitän sprach hochdeutsch. Trotzdem klangen seine Worte wie der Refrain eines echt kölschen Liedes. In rheinischer Mundart würde man sagen: „Mir verliere zusamme, mir jewinne zusamme.“ Auf jeden Fall passte Lottners Ausspruch hervorragend. Denn kölsches Liedgut hatten die 33.000 Zuschauer im halbfertigen neuen Stadion in Müngersdorf besonders vor der Partie zur Genüge zu hören bekommen. Wenn der „eschte“ Kölner feiern will, dann stimmt er auch mitten im Hochsommer Karnevalslieder an. „Komm, loss mir fiere“ (Komm, lasst uns feiern), denn schließlich ist der FC wieder in der Bundesliga – „Vivaaaaa Coloniaaaaa!“

Später ist den FC-Anhängern das Singen vergangen. Nach dem Spiel waren sie mindestens so geknickt wie Lottner. Köln hatte verloren und war – anders als bei der etwas unglücklichen 0:1-Auftakt-Niederlage in Mönchengladbach – weit davon entfernt, überzeugen zu können. Somit steht der FC noch ohne Punkte da – so wie der Gegner. Nur freute man sich bei dem über diesen Umstand: Wegen eines Fehlers bei der Lizensierung musste Kaiserslautern nämlich mit minus drei Punkten in die Saison starten, nun ist man zumindest bei null angekommen. FCK-Trainer Erik Gerets sagte: „Ich bin sehr glücklich.“ Seinem Team attestierte er „eine wirklich gute Leistung“. Gerets hatte Recht. Allerdings machten es die Kölner den Lauterern auch ziemlich leicht.

Ohne den gesperrten Verteidiger Moses Sichone und ohne Mustafa Dogan, der schon nach elf Minuten verletzt vom Platz musste, präsentierte sich der FC in der Abwehr ebenso schwach wie ungeschickt. Köln ging trotzdem durch einen Treffer von Marius Ebbers in Führung. Was überraschend war, denn der FCK hatte das Spiel eigentlich im Griff. Symptomatisch für die Konzeptlosigkeit der Kölner Defensive: Der Ausgleich fiel, als die FC-Profis noch gar nicht fertig gejubelt hatten; nämlich nur 50 Sekunden später durch Nationalspieler Miroslav Klose, der den Ball an Stefan Wessels vorbei ins Netz köpfelte

Nachdem die Seiten gewechselt waren, hätte Lottner den FC per Strafstoß in Führung bringen können. Sein Schuss war allerdings so unfassbar schwach, dass selbst FCK-Keeper Tim Wiese ihn parieren konnte. Der Kölner Stadtanzeiger hatte vor der Partie gemutmaßt, dass ein sowieso zur Apathie neigender Spieler wie Lottner bei den hohen Temperaturen „plötzlich auf dem Platz einschlafen“ werde. Das tat 31-Jährige zwar nicht. Zumindest aber beim Elfmeter wirkte er so, als döse er im Halbschlaf vor sich hin. Und es kam noch schlimmer für Köln.

Zwar sah FCK-Keeper Wiese in der 65. Minute nach einem Foul am besten Kölner, Andrej Voronin, Gelb-Rot, doch auch in Unterzahl gelang es den Pfälzern, ihre Abwehr gut zu organisieren. Ganz anders als der FC. Der ließ in der 76. Minute den Griechen Grammozis so lange an der Strafraumgrenze herumdribbeln, bis der aus etwa 20 Metern frei zum Schuss kam – und einen echten Hammer direkt an die Unterkante der Latte knallte. Damit war die Partie entschieden.

Erstaunlich war das Resümee von Kölns Keeper Wessels. „Abgesehen von der Niederlage bin ich ganz zufrieden mit dem Spiel“, sagte der. Wahrscheinlich hatte ihm die Hitze zugesetzt.