Hamburg wird ein bisschen wie Paris

Hamburg bekommt als erste norddeutsche Großstadt ein großflächiges Fahrrad-Leihsystem. Tausend „Stadträder“ werden verfügbar sein. Die erste halbe Stunde kostet nichts – genug für eine Fahrt durch die halbe Stadt

VON MARCO CARINI

Am 16. Mai geht es los: Dann bekommt Hamburg als erste norddeutsche Stadt ein modernes Leihsystem für Fahrräder. An siebzig über die City verteilten Stationen warten 1.000 Fahrräder auf die Kunden. Die Nutzung des „Stadtrads“ ist ganz einfach: Einmal registriert, erhalten die Nutzer eine Kundennummer, können dann an der Fahrradstation per EC- oder Kreditkarte den Leihvorgang in Gang setzen und das Rad an jeder anderen Station zurückgeben. Die Fahrtdauer wird dann automatisch registriert.

Während die Fahrt in der ersten halben Stunde kostenlos ist, zahlen Langzeitbenutzer vier bis acht Cent pro Minute Leihgebühr. Jahreskarteninhaber des Hamburger Verkehrsverbundes und Bahncard-Nutzer erhalten einen Rabatt von 25 Prozent, der Höchstpreis für einen ganzen Tag wird zwölf Euro betragen. Die Gesamtsumme wird dann alle zwei Wochen vom Konto der Fahrradnutzer abgebucht.

Betreiberin des neuen Leihnetzes ist die Deutsche Bahn, die mit ähnlichen Konzepten bereits in Berlin, Frankfurt, München, Köln, Stuttgart und Karlsruhe präsent ist. In Norddeutschland gab es bislang nur isolierte Fahrradverleihstationen der Bahn an den jeweiligen Hauptbahnhöfen: Zwanzig Räder in Hannover, 19 in Hamburg, elf in Bremen, zehn in Braunschweig und acht in Oldenburg stehen hier nach Angaben des Unternehmens zur Verfügung.

Für Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) ist das neue Leihsystem „ein wichtiger Schritt unserer Strategie, den Anteil des Radverkehrs auf mittlere Sicht zu verdoppeln“. An den Kosten des Verleihsystems beteiligt sich die Stadt mit jährlich rund 1,1 Millionen Euro.

Ab April werden an allen S- und U-Bahnhöfen im erweiterten City-Bereich, aber auch in größeren Wohnquartieren, Geschäftsvierteln und an Tourismus-Magneten die Verleihterminals eingerichtet. Sollte sich das System bewähren, wird die Zahl der Stationen schon 2010 um vierzig, die der Räder um 500 aufgestockt werden. Vorbild für das Leihsystem ist Paris, wo seit Mitte 2007 20.000 Räder an 1.500 Stationen auf ihre Nutzer warten. Jedes Rad wird dort mehr als zehn mal am Tag genutzt.

Während der Abgeordnete der Linkspartei Joachim Bischoff Anja Hajduk vorwarf, „das Pferd von hinten aufzuzäumen“, da der Zustand der Fahrradwege katastrophal sei, versprach CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse, genau hier einen verkehrspolitischen Schwerpunkt zu setzen. Eine umfassende Instandsetzung der Radwege müsse jetzt zügig realisiert werden.