Verlässlich Schule schwitzen

Schleswig-Holstein führt verlässliche Grundschule in Hamburger Randgemeinden ein. Dafür gibt‘s 75 neue Lehrer

Hamburg taz ■ Jede Reform hat so ihre Tücken. In Hamburg kennen Grundschüler seit Mitte der 90er Jahre kein „Hitzefrei“ mehr, weil die „verlässliche Halbtagsgrundschule“ bis 13 Uhr geht. Auch in Niedersachsen und Bremen gibt es seit Jahren verlässliche Schulformen, die den Vorteil haben, Müttern und Vätern das Berufsleben zu erleichtern. Als Letzter im Bunde zieht nun Schleswig-Holstein nach. Ab dem gestern begonnenen Schuljahr 2003/04 sind die 106 Schulen der Gemeinden am Hamburger Rand von Pinneberg bis zum Kreis Storman verlässlich.

„Wir haben in diesen Gebieten viele Alleinerziehende“, erklärt Jens Oldenburg, der Sprecher des schleswig-holsteinischen Kultusministeriums, die Priorität. Im Folgejahr werden dann die kreisfreien Städte berücksichtigt, binnen fünf Jahren schließlich soll das ganze Land mit seinen 600 Grundschulen verlässlich sein.

Anders als in Hamburg geht die Verlässlichkeit beim nördlichen Nachbarn für die Klassen 1 und 2 nur bis 12 Uhr, für die Klassen 3 und 4 jedoch ebenfalls bis 13 Uhr. Insgesamt, so Oldenburg, würden 75 zusätzliche Lehrstellen bereitgestellt, um die rund 26.000 SchülerInnen zu betreuen. Es handle sich zunächst um eine „Pilotphase“, in der die Schulämter vor Ort gucken müssten, wie es funktioniert. So gibt es an vielen Schulen bereits Betreuungsangebote von freien Trägern, die integriert werden müssen.

Für besagte „betreute Grundschulen“ sieht auch GEW-Landesgeschäftsführer Bernd Schauer ein Problem, der die Reform als „gute Idee“ bezeichnet. So bestehe die Gefahr, dass diese meist aus Elterninitiative entstandenen Betreuungsangebote, die über die Schulzeit hinausgehen, nicht mehr lebensfähig seien. „Skeptisch“ sei man auch, ob das Personal ausreiche, um Krankheitsfälle auszugleichen, oder ob nicht Klassen zusammengelegt werden müssten.

So geschah es laut einer Studie der dortigen Arbeitnehmerkammer in Bremen, wo es die verlässliche Grundschule seit 1999 gibt. Statt einer „weitgehenden Deckung des Unterrichts nach Stundentafel“, so heißt es in dem Bericht, sei in der Realität lediglich eine „Aufbewahrung“ der Kinder möglich, wenn Lehrer krank werden. KAIJA KUTTER