die plagen des sommers
: Kleine Erfrischung mit großer Nebenwirkung

Klimaanlagen, die das Klima aufheizen

Wer kennt das nicht? 34 Grad im Schatten, die Luft steht, die Klamotten kleben. Eis nützt auch nichts mehr, und das kalte Bier sorgt nur für mehr Durst. Aber ein kühles Kaufhaus oder gerne ein Auto mit Air-Condition? Ja, das erfrischt. Zumindest für einen Moment. Denn dann geht es los. Der Luftzug lässt den Nacken verkrampfen, die Trockenheit geht auf Schleimhäute und Augen – wehe, wer da auf Kontaktlinsen angewiesen ist. Was man zunächst nicht merkt: Der Luftstrom saugt Bakterien und Schimmelpilze an. Die Redaktion der ZDF-Sendung „Wiso“ hat ermittelt, dass 70 Prozent der Klimaanlagen in Deutschland eine Gesundheitsgefahr sind. Schleimhautreizungen, Kopfschmerzen, Allergien, Bronchitis oder eine gemeine Sommergrippe sind noch die ungefährlichsten Folgen. Immer wieder taucht auch der Verdacht auf, dass beispielsweise die Erreger der Legionärskrankheit über defekte Klimaanlagen verbreitet werden. Die Gefahr ist umso größer, da der häufige Wechsel zwischen klimatisierten Räumen und Sommerhitze das Immunsystem schwächt.

Besonders verheerend sind die externen Wirkungen: „Eine Klimaanlage verbraucht so viel Energie wie eine Heizung“, so Hans-Jochen Luhmann vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Während die Auswirkung auf das Klima bei stationären Anlagen vor allem davon abhängt, aus welcher Quelle der Strom stammt, sind Air-Condition-Systeme im Auto immer problematisch: Luhmanns Berechnungen zufolge verbraucht allein der Betrieb der Anlage rund einen Liter Sprit auf 100 Kilometer. Hinzu kommt, dass als Kältemittel in mobilen Anlagen meist HFKW, im Technikerdeutsch R134a, verwandt wird, das als Klimagas 1.000-mal stärker wirkt als CO2. „In Autos sind die Kühlsysteme nie so dicht wie bei stationären Anlagen“, sagt Luhmann. Das in die Umwelt tropfende Kältemittel habe den gleichen Klimaeffekt wie der zusätzliche Verbrauch von fast einem halben Liter Benzin auf 100 Kilometer. Weil 90 Prozent der Neuwagen und insgesamt jeder dritte Pkw klimatisiert ist, gelangen nach einer Studie des Bundesumweltamtes enorme Mengen des Klimagiftes in die Umwelt. So sind im Jahr 2000 rund 1.140 Tonnen verdunstet, was dem klimaschädigenden Potenzial von 1,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid entspricht.

Dabei gäbe es eine Alternative, die die Autoindustrie jedoch aus Kostengründen nicht gern sieht: Bevor HFKW in Mode kam, arbeiteten viele Klimanlagen mit CO2. Der mobile Einsatz ist allerdings noch nicht ausreichend erprobt, wie die jüngsten Probleme der Deutschen Bahn AG zeigen: Ihre mit CO2 ausgestatteten Klimaanlagen in den ICEs fallen bei zu großer Hitze aus. Bahnmitarbeitern zufolge denkt das Management deshalb darüber nach, auf das schädlichere HFKW umzusteigen.

Im stationären Betrieb gibt es keine Entschuldigung, nicht mit Sonnenenergie oder Fernkälte und am besten mit Kaltwasserrohren zu kühlen, die ohne Ventilator auskommen. Oder man baut gleich nach dem Prinzip Termitenhügel. BEATE WILLMS