Mathematiklehrer träumen von Animationen

An der Städtischen Gesamtschule Rodenkirchen testen Lehrer vier Wochen lang den Unterricht mit elektronischer Tafel. Eine Elektronikfirma stellt das „Smartboard“ kostenlos zur Verfügung und hofft dadurch auf weitere Kundschaft

Köln taz ■ Wenn Andreas Kuhlmann Kunst unterrichtet, sieht das ein bisschen so aus, als sei er David Copperfield und die Schüler sein Publikum. Anstatt auf einer Tafel zu schreiben, tippt er mit seinem Finger auf eine hauchdünne Leinwand, lässt Buchstaben in allen möglichen Farben erscheinen und wischt sie mit einem „Schwamm“ wieder weg. Dann speichert er alles ab und öffnet ein Tafelbild, das die Klasse in der Woche erarbeitet hat. Nur einmal gerät der Lehrer ins Schleudern. „Wohin ist denn jetzt das Kandinsky-Bild verschwunden?“ Er findet die Datei nicht und lacht: „Irgendwie habe ich mich in der Software verirrt.“

„Smartboard“ nennt sich das, was die Städtische Gesamtschule Rodenkirchen als erste Kölner Schule eingeführt hat. Die Tafel hat ausgedient, sie wird durch eine elektronische ersetzt, die mit einem PC und einem Beamer verbunden ist. Alle Tafelbilder werden abgespeichert, und die Schüler können sie ausdrucken.

Dieses „interaktive Whiteboard“, wie es in der Fachsprache heißt, gibt es bereits seit 1991. Die kanadische Firma „smart technologies“ vertreibt es in über 65 Ländern. In mehr als 200.000 Klassenräumen, Besprechungszimmern oder Sitzungssälen kommt es zum Einsatz. Der Preis liegt bei rund 2.200 Euro pro Leinwand, Voraussetzungen für das System sind ein Computer und ein Beamer. Die Städtische Gesamtschule Rodenkirchen, die ihren Schwerpunkt auf „Neue Medien und Gestaltung“ legt, hätte das Geld dafür eigentlich nicht aufbringen können. Bereits vor zwei Jahren hatte die stellvertretende Schulleiterin Eva Glattfeld die Erfindung auf der Bildungsmesse „didacta“ entdeckt. „Aber ich habe mich in Anbetracht der finanziellen Situation der Schulen gleich von der Hoffnung verabschiedet, so etwas anschaffen zu können.“

Die Gelegenheit ergab sich dafür in diesem Jahr. Die Firma „smart technologies“ bot 100 Schulen in Deutschland an, die Technik für vier Wochen kostenlos zu testen und danach das System für 500 Euro zu übernehmen. Die Kölner Schule setzte sich gegen 250 Mitbewerber durch und bekam den Zuschlag. „Bei unserer Auswahl haben wir darauf geachtet, dass die Schulen bereits Erfahrung mit Technik haben“, sagt Christian Lortz, Marketing Manager der Firma in Deutschland. Generell herrsche hier große Skepsis gegenüber neuer Technik.

Ein Grund für die abwartende Haltung könnten wohl auch die Kosten sein. Wollte man für eine Schule mit 20 Klassen das System einführen, kämen über 40.000 Euro zusammen – plus einen Beamer und Computer für jeden Klassenraum. Die Schule in Rodenkirchen ist trotzdem nicht abgeneigt. Im Gegenteil, sobald Geld vorhanden ist, soll der nächste Fachbereich mit einem „smartboard“ ausgestattet werden. Die Mathematiker haben schon Interesse angedeutet. „Dann könnte man kurze Animationen machen und Kurven würden sich bewegen“, schwärmt Mathelehrer Richard Kröger. Noch aber sei Geld nicht in Sicht. „Papier und Bleistift werden bleiben.“ Anne Hansen