CDU-Klientel in Hessen vor Steuerfahndern sicher

SPD und Grüne legen Landtag je 20 offene Fragen zum Umgang der CDU-Regierung mit Steuerhinterziehern vor

WIESBADEN taz ■ Für den nachsichtigen Umgang mit Steuersündern hat die Opposition im hessischen Landtag gestern die regierende CDU heftig kritisiert. Hessens CDU habe doch über Jahre hinweg am Gesetz vorbei selbst Schwarzgeld in die Schweiz und nach Liechtenstein transferiert, bemerkte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Norbert Schmitt. Deshalb sei es doch „fast kein Wunder“, dass auch andere Steuersünder durch eine Verfügung von 2001 vor der Verfolgung durch die Steuerfahnder geschützt wurden. Denn „für diese Menschen“ habe Ministerpräsident Roland Koch (CDU) doch ein „echtes Mitempfinden“, so Schmitt. Er forderte von Koch jetzt nicht nur „brutalstmögliche“ (O-Ton Koch), „sondern auch umfassende Aufklärung“. Dazu verschickte die SPD einen offenen Brief mit 20 offenen Fragen „zum Thema Steuerhinterziehungsaffäre“ an Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU).

Die Grünen zogen gestern gleichfalls einen „Expressbrief“ mit 20 Fragen an Weimar aus dem Hut. Für alle ehrlichen Steuerzahler müsse es doch „wie Hohn klingen“, so Fraktionschef Tarek Al-Wazir, dass die damals noch christlich-liberale Landesregierung mit diesem Erlass sehr reiche und auch prominente Steuersünder schützte, die ihr Vermögen in den frühen 90er-Jahren mit Hilfe der Banken ins Ausland verschoben hatten, um der „Quellensteuer“ in Deutschland zu entgehen. Nach einem Spiegel-Bericht seien die Steuerfahnder der Finanzämter genau dieser „Kernklientel der CDU“ seit 1998 tatsächlich längst auf der Spur. Banken und Sparkassen wurden durchsucht. Und die Fahnder wurden schnell fündig. Auch bei der Deutschen Bank stellten sie Berge von Belegen sicher. Doch dann stoppte plötzlich die Amtsverfügung 2001/16 des Finanzamtes Frankfurt V die eifrigen Fahnder. Der mit der Oberfinanzdirektion und dem Finanzministerium abgestimmte Erlass, so der Spiegel, sei einer „Amnestie“ für Steuersünder gleichgekommen, sehr zum Ärger auch der mit ermittelnden Staatsanwälte. Doch auch die kaltgestellten Steuerfahnder schwiegen öffentlich – bis jetzt der Spiegel zu ihnen kam. Finanzminister Weimar schweigt allerdings weiter und Koch auch.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT