Attentate zur Halbzeit

Zwei palästinensische Selbstmordanschläge fordern vier Tote und elf Verletzte. Anschläge erfolgen nach Hälfte der vereinbarten dreimonatigen Waffenruhe. Israel setzt Freilassung von Gefangenen aus

JERUSALEM dpa/afp ■ Nach sechs Wochen relativer Ruhe haben zwei Selbstmordanschläge gegen Israelis den mühsam in Gang gekommenen Friedensprozess in Gefahr gebracht. Die Ende Juni für zunächst drei Monate verabredete Waffenruhe („Hudna“) hatte gestern Halbzeit. In einer ersten Reaktion setzte Israel die geplante Freilassung von 69 palästinensischen Häftlingen aus. Ein Regierungssprecher deutete das vorläufige Ende aller Erleichterungen für die palästinensische Bevölkerung an.

Am Morgen hatte sich zunächst ein junger Palästinenser in einem Supermarkt in der Stadt Rosch Ha'ain nahe dem Westjordanland mit einer in einem Rucksack versteckten Bombe in die Luft gesprengt. Er riss einen Israeli mit sich in den Tod und verletzte zehn weitere. Nur eine Stunde später zündete ein weiterer Palästinenser einen Sprengsatz an einer Bushaltestelle am Eingang der Siedlerstadt Ariel im palästinensischen Westjordanland. Ein junger Israeli kam dabei ums Leben und drei weitere wurden verletzt.

Der bewaffnete Arm der radikalen Hamas-Organisation, die Issedin-al-Kassam-Brigaden, erklärte, mit dem Anschlag bei Ariel habe sich die Organisation für die israelische Militäraktion am Freitag bei Nablus rächen wollen. Zu dem Anschlag in Rosch Ha’ain bekannten sich die Al-Aksa-Brigaden, die der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat nahe stehen.

Der palästinensische Regierungschef Mahmud Abbas hat Israel für die jüngsten palästinensischen Selbstmordanschläge verantwortlich gemacht. „Israel wird die vollständige Verantwortung für das tragen, was derzeit in den besetzten Palästinensergebieten passiert“, sagte Abbas.

Der Nahost-Friedens-Fahrplan wird nach Äußerungen von US-Außenminister Colin Powell von den Anschlägen nicht gestoppt. „Wir lassen uns von Bomben nicht aufhalten“, sagte er in Washington. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer verurteilte die Anschläge. In den vergangenen Wochen seien beide Seiten entscheidende und mutige Schritte auf dem Weg des Friedens gegangen. Diese dürften auf keinen Fall scheitern, erklärte Fischer in Berlin.

Die Anschläge überschatteten den Besuch des US-Sondergesandten William Burns, der gestern mit beiden Seiten über den Stand des Friedensprozesses reden wollte. Dabei sollte es unter anderem um den Verlauf der israelischen Trennanlagen zum Westjordanland gehen.

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