Rürup unter Beschuss

Auch Befürworter der Kopfpauschale üben harsche Kritik

BERLIN taz ■ Nicht nur CDU und CSU streiten über die Kopfpauschale. Auch die wissenschaftlichen Befürworter der Pauschale sind uneins, wie ihr Masterplan fürs Gesundheitssystem zu finanzieren sei. Der Vorschlag des Ökonomen Bert Rürup vom Donnerstag, sagte der Hannoveraner Steuerfachmann Stefan Homburg gestern der taz, sei jedenfalls „die schlechteste Lösung“.

Es sei „inhaltlich abwegig“, Rürups Modell als Kompromiss zwischen CDU und CSU zu handeln. Homburg, Berater der CDU-Chefin Angela Merkel, ist überzeugt, dass Rürup durchfällt: „Ich sehe nicht die Spur einer Chance, dass die CDU da drauf springt.“ Wenn man die Krankenkassen mit einer Einheitsprämie bezahlen will, so Homburg, dann müsse man auch konsequent sein. Rürup ist das nicht. Er will Geringverdiener nicht zu stark belasten. Für die nötige Umverteilung von 26 Milliarden Euro soll ein dreiprozentiger Beitrag dienen, der wie die bisherigen Kassenbeiträge vom Lohn abgezogen würde. „Damit aber bleiben alle Nachteile der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten“, sagte Homburg. „Wieder subventionieren die Unteren die ganz Unteren, und die Oberen sind raus.“

Dies kritisiert auch der Berliner Sozialökonom Gert Wagner, ebenfalls Befürworter der Kopfpauschale. Anders als Rürup oder Homburg verlangt er jedoch, dass auch die privat Versicherten mit ins System gezogen werden müssen. „Dass die Zweiklassenmedizin abgebaut wird, ist mindestens ebenso wichtig wie die Finanzierungsfrage“, sagte Wagner der taz. „Nur solange wir nicht krank sind, ist uns die Finanzierung am wichtigsten.“ Allerdings sei es „gut, dass Rürup so viel Fantasie bei der Entwicklung neuer Modelle des sozialen Ausgleichs entwickelt“. Der „politische Knackpunkt“ der Kopfpauschale liege darin, „den Sozialausgleich vorm Finanzminister zu sichern“, sagte Wagner.

Wie weit die CDU hierzu bereit und im Stande ist, ist längst noch nicht klar. Homburg plädiert für die reine Kopfpauschalen-Lehre: Umverteilung via Einkommensteuer. Nach den Modellen, die Homburg für die CDU-Spitze durchrechnet, würde der Spitzensteuersatz schon bei Jahreseinkommen von 25.000 bis 30.000 Euro greifen. Diese Belastung würde durch die Kopfpauschale wieder kompensiert, behauptet Homburg. „Nicht nur sozialpolitisch, sondern auch administrativ entscheidend“ sei am Ende die Frage, wie viele Haushalte den Zuschuss zur Pauschale brauchen, sagt der Hannoveraner. Rürup hat sich um diese Frage bislang herumgemogelt. ULRIKE WINKELMANN