Polizei setzt sich für Abrüstung ein

Mit der Aktion „Waffenfreies Bremen“ soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Tragen bestimmter Waffen seit dem ersten April strafbar ist. Noch bis Ende August können Wurfsterne, Gaspistolen und Springmesser anonym abgegeben werden

Bremen taz ■ „Steh auch Du für die Abrüstung in unserer Gesellschaft ein“ – mit dieser pazifistischen Parole wendet sich die Polizei an die Bremer Jugend. Damit es nicht bei Lippenbekenntnissen zu mehr „Peace“ bleibt, stellt die Polizei vom 25. bis 29. August Müllcontainer an den Schulen auf, in denen illegale Waffen versenkt werden können. Anonym, kostenlos und ohne Fragen. Zwar sei ein Beamter oder eine Beamtin vor Ort, da man den „Waffenmüll“ nicht unbeaufsichtigt lassen könne, aber „es wird niemand befragt oder gar fotografiert“, versicherte der Bremer Innensenator Thomas Röwekamp (CDU). Gestern stellte er gemeinsam mit Polizeipräsident Eckard Mordhorst die Aktionswoche „Waffenfreies Bremen“ vor, die auf das neue bundesweite Waffengesetz aufmerksam machen soll. Seit dem ersten April sind Spring-, Stoß- und Butterflymesser, sowie Wurfsterne und Elektroschockgeräte generell verboten, Schreckschuss- und Signalwaffen dürfen erst ab 18 Jahren und nur nach einer behördlichen Zulässigkeitsprüfung („Kleiner Waffenschein“) geführt werden. Bis zum 31. August ist es aber noch möglich, die jetzt illegalen Messer und Pistolen loszuwerden, ohne dafür belangt zu werden. Danach drohen Geld- und sogar Freiheitsstrafen.

Im Rahmen dieser Amnestieregelung wurden bisher 250 dieser Waffen abgegeben – „freiwillig“ sagt der Projektleiter und Kriminalhauptkommissar Stephan Rusch. Für ihn hängt der Erfolg der Aktion nicht davon ab, wieviele Waffen eingesammelt und anschließend in der Müllverbrennungsanlage vernichtet werden: „Es reicht, wenn es nur ein Messer ist, mit dem niemand mehr verletzt oder getötet werden kann.“ Das Fatale sei, so Polizeipräsident Mordhorst, dass die Waffen, die zum Selbstschutz getragen werden, in Notsituationen gegen ihre Besitzer verwendet würden. „Es ist falsch, sich zu bewaffnen, wir leben in einer sicheren Gesellschaft.“ Dass Schüler und Schülerinnen in Bremen genau das Gegenteil erleben und Gewalt auch ohne Waffen ausgeübt wird, darauf wies Innensenator Röwekamp hin.

Der Sprecherin der Gesamtschülervertretung (GSV), Lea Voigt, geht das jedoch nicht weit genug: Selbst wenn alle Rucksäcke als waffenfrei durchgingen, sei das Problem nicht aus der Welt. „Es geht darum, dass Jugendliche glauben, Waffen besitzen zu müssen – und das liegt auch am gewalttätigen Schulklima“. Sie fordert deshalb, dass auch nach den Ursachen gesucht wird. „Und nicht immer nur die Symptome bekämpft werden.“

Darin ist sie sich einig mit dem SPD-Innenpolitiker Hermann Kleen. „Das Problem Gewalt an Schulen wird überhaupt nicht berührt“, sagt er. Dennoch urteilt er ansonsten positiv über die Aktion. „Es ist richtig, jetzt Werbung für das anonyme Abgeben zu machen“, findet Kleen. Ein großes Lob an den Innensenator für sein bei der CDU lang vermisstes Engagement in Sachen „Innere Sicherheit“? Nee, sagt Kleen, denn das gebühre hier einzig und allein der Bundes-SPD. „Das ist ein Prunkstück der Bundesregierung und deren konkrete Politik, die in den Ländern umgesetzt wird.“ Er hofft darauf, dass bei den Jugendlichen vor allem eins durchsickert: „Es ist nicht mehr cool bewaffnet zu sein, sondern strafbar.“

Und das erst ab dem 1. 9., vorher nehmen alle Polizeireviere die kleinen Brutalo-Accessoires anonym entgegen. „Danach müssen wir Strafanzeige stellen“, sagt der Polizist Stephan Rusch. Ob die Mutter, die in Sohnemanns Zimmer ein Butterfly-Messer findet und dieses zur Wache trägt, auch wirklich mit einer Strafverfolgung rechnen muss, das entscheide die Staatsanwaltschaft. Rusch geht aber davon aus, dass dies in der Regel nicht passieren wird. In Acht nehmen müssen sich Inhaber von Waffengeschäften. Die werden kontrolliert, ob sie die Verkaufsverbote einhalten. Und was es unter dem Ladentisch gibt. Eiken Bruhn