Ein Penis ist ein Penis ist ein Penis

Zu Besuch bei Sigurdur Hjartarsson, dem Leiter des Penismuseums von Reykjavík

Es ist einzigartig in der Welt, das im August 1997 eröffnete Penismuseum von Reykjavík. Der Spanisch- und Geschichtslehrer Sigurdur Hjartarsson, 62, hat im Laufe von zwei Jahrzehnten die Penisse aller in und um Island vorkommenden Säugetierarten gesammelt und präpariert. Über 200 Exponate enthält die Sammlung, die neben den Zeugungsorganen fast aller Wal- und Robbenarten auch die aller Haustiere und eingeschleppter Spezies wie Ratte, Mink und Maus umfasst.

Sogar die Schenkungsurkunde eines mittlerweile 88-jährigen Herrn aus dem nordisländischen Städtchen Akureyri befindet sich in der Sammlung, der dem Museum sein Zeugungsorgan nach Ableben vermacht hat. Ob es aber dazu kommt, ist nun fraglich geworden. Museumsdirektor Sigurdur Hjartarsson bekam dieses Jahr seine jährliche finanzielle Unterstützung von der Stadt Reykjavík gestrichen.

Sein eigenes früheres politisches Engagement erkennt man noch heute am Logo des Museums: Es handelt sich um eine Faust, die sich kämpferisch um einen Penis schließt. Die Ähnlichkeit mit dem Symbol der Sozialistischen Internationalen mit der Rose in der geballten Faust ist unverkennbar.

Das Museum mache ihm zwar sehr viel Freude, aber die Arbeit wachse ihm mittlerweile über den Kopf. Am Ende dieses Jahres wird er als Lehrer pensioniert. „Warum nicht alles verkaufen? Ich sehe das gar nicht mal so pessimistisch!“ Brummt Sigurdur und zieht in alter isländischer Tradition eine Prise Schnupftabak in die Nase. Jahrelang lebte der Individualist in Mexiko, trieb sich als Weltenbummler mit seiner Familie in Mittelamerika herum. Dann wurde er zum Schuldirektor im südisländischen Städtchen Akranes berufen. Dort schenkte ihm 1974 ein Bauer das erste Exponat seiner Sammlung, einen Ochsenziemer, eine Peitsche aus einem Bullenpenis. In Akranes gab es seinerzeit auch die einzige Walfangstation des Landes. „Alles wurde vom Wal verwertet, bis auf den Penis“, so Sigurdur, „der wurde einfach weggeschmissen.“ Einige seiner Lehrer schenkten ihrem Schulleiter dann einen präparierten Walpenis zum Geburtstag.

Nachdem der Walfang in Island eingestellt wurde, fuhr Sigurdur dann immer mit entsprechendem Werkzeug los, wenn ein Wal gestrandet war. „Über die Strandung eines toten Wals berichtet das isländische Radio immer in den Nachrichten.“ Sigurdur packt dann seine Werkzeuge ein, um die Fundstelle aufzusuchen und das Exponat für seine Sammlung abzutrennen. „Selbstverständlich nur das Teil, das nach dem Ableben aus dem Körper hängt“, sagt der Museumsdirektor und lacht. „Würde ich nämlich da herumschneiden, um das ganze Organ dem Körper zu entnehmen, würde ich mit einer zentnerschweren Woge von Innereien in den Atlantik gespült werden.“ Entweder wird das abgetrennte Teil dann in Formalin präpariert oder in langwieriger Arbeit gegerbt, sodass es schließlich zu Leder wird. Die Lederobjekte bringt Sigurdur dann in Form und montiert sie auf verzierte Holzschilde, die mit Namen versehen an der Wand hängen.

Ob die Sammlung einen isländischen Käufer findet, ist fraglich. „Vielleicht ist ja dieser Professor Gunther von Hagens aus Deutschland an meiner Sammlung interessiert“, so der Penissammler und kichert vergnügt, „der könnte mich doch glatt auch präparieren und mitsamt meiner Sammlung zeigen – isländischer Museumsdirektor umgeben von seinen Exponaten.“ WOLFGANG MÜLLER