Kommentar: Beratungsresistenz
: Die SPD muss umsteuern

Nordrhein-Westfalens sozialdemokratischer Ministerpräsident gibt die Richtung vor: Bis zur Selbstaufgabe wird die SPD dem Kurs der Sozialreformen – besser: dem Kurs des Sozialabbaus – ihres Bundeskanzlers Gerhard Schröder folgen. Alternativlos seien die Reformen, sagt Regierungschef Steinbrück und kalkuliert selbst den eigenen Machtverlust vorauseilend mit ein.

Steinbrück irrt nicht. Die SPD wird nicht nur bei den Kommunal- und Landtagswahlen in NRW verlieren. Der Grund ist aber nicht die angebliche Alternativlosigkeit irgendwelcher Politikentwürfe – alternativlose Politik ist hilflos, weil ohne Ideen. Die SPD scheitert an ihrer eigenen Beratungsresistenz: Wer Politik gegen die eigene Basis, gegen die Interessen der Stammwähler macht, ist zum Scheitern verurteilt. Wahlalternativen mit Potenzial entstehen schnell.

Hilflos auch der Verweis auf die erfolgreichen Grünen, die den Reformkurs mittragen: Der kleine Koalitionspartner bedient ein anderes Wählerspektrum, dass sich Postmaterialismus leisten kann. Das soziale Profil Rot-Grüns aber bleibt das zentrale Thema der SPD. Nicht umsonst betont Landtagsfraktionschef Edgar Moron seine Biographie des sozialen Aufstiegs.

Doch der ist für viele kaum noch denkbar, die Basis rebelliert nicht ohne Grund: Ältere Arbeitssuchende haben nicht die kleinste Chance auf einen neuen Job. Für Kinder, deren Eltern keine Akademiker sind, sinken die Bildungschancen. Die SPD wird ihr soziales Profil schärfen müssen – oder nicht mehr Volkspartei sein.

ANDREAS WYPUTTA