Ungeliebter Spitzenagent auf neuem Posten

Mussa Arafat, Neffe des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat, ist neuer Chef des Sicherheitsdienstes

Mussa Arafat, neuer palästinensischer Sicherheitschef, will im Amt bleiben – und das trotz lautstarker Proteste. Am Samstag hatten rund 3.000 Palästinenser im Gasa-Streifen gegen seine Ernennung demonstriert.

Kritiker und Feinde hatte Mussa Arafat immer. So war er im April 1995 nur knapp Schüssen auf seinen Wagen entgangen. Erst ein Jahr zuvor war der damals kaum bekannte Neffe von Palästinenserpräsident Jassir Arafat zum Chef des militärischen Geheimdienstes ernannt worden. Die Täter stammten mit großer Wahrscheinlichkeit aus den Reihen der islamischen Extremisten, die Mussas Forderung ablehnten, die Widerstandsgruppen zu entwaffnen.

Schon drei Jahre später kam es zum offenen Disput zwischen dem militärischen Nachrichtendienst und den militanten Gruppen innerhalb der Fatah, der Organisation von Arafat. Auslöser war die Unterzeichnung des israelisch-palästinensischen Abkommens von Wye River und der darin enthaltenen Zusage der palästinensischen Autonomiebehörde, die illegalen Waffen zu konfiszieren. Arafat beauftragte seinen Neffen mit der unangenehmen Aufgabe.

Als Mussas Leute loszogen, um Razzien bei der Tansim durchzuführen, die sich vor allem aus der rebellischen Fatah-Jugend zusammensetzte, flogen Steine. Marwan Barghuti, damals Chef der Tansim, entkam dreimal den Schüssen der Beamten des militärischen Geheimdienstes. An seiner Stelle traf es Wassim Tarifi, Sohn von Jamil Tarifi, Minister für zivile Angelegenheiten. Rufe nach einem Rücktritt Mussas stießen bei dessen Onkel auf taube Ohren.

Die Wut auf den Chefspion der Armee eskalierte, als Demonstranten im Juli 2001, knapp ein Jahr nach Beginn der „Al-Aksa-Intifada“, die Entlassung der letzten noch in palästinensischen Gefängnissen inhaftierten militanten Kämpfer forderten. Sollte Mussa nicht „vom Volk gerichtet werden“, so hieß es damals, müsse er vor ein palästinensisches Gericht gestellt werden.

Vor zwei Jahren machte sich Mussa für eine „Entwicklung der Mörserraketen“ stark, damit sie „nicht mehr länger nur eine moralische Wirkung auf die Israelis haben“. In den vergangenen vier Jahren wurden meist bei israelischen Luftangriffen fast alle Quartiere des Nachrichtendienstes zerstört. Dutzende Beamte wurden exekutiert oder verhaftet.

Der bislang letzte Mordversuch liegt ein Jahr zurück. Damals weigerten sich Mussa und seine Leute, Befehle vom damaligen Sicherheitschef Mohammed Dahlan entgegenzunehmen. Sie fühlten sich als Untergebene des Palästinenserpräsidenten.

Mussa Arafat schloss damals die Möglichkeit aus, dass der Angriff gegen ihn von der Hamas, vom Islamischen Dschihad oder Israel ausgegangen war. Vielmehr richtete er seinen Verdacht gegen die Rivalen in den palästinensischen Sicherheitstruppen. Das sind genau diejenigen Kräfte, mit denen er es in diesen Tagen erneut zu tun hat.

SUSANNE KNAUL