Irans Wächterrat blockiert Frauenrechte

Konservative weisen vom Parlament unterzeichnete UN-Konvention als Verstoß gegen islamisches Recht zurück

BERLIN taz ■ Der Jubel der weiblichen iranischen Abgeordneten war verfrüht. Als Dank dafür, dass das Parlament die UN-Konvention zur Abschaffung jeder Form der Diskriminierung von Frauen unterzeichnet hatte, luden sie ihre männlichen Kollegen zum Essen ein. Schon da warnte ein Journalist die Männer: „Sie werden das Essen zurückzahlen müssen, denn der Wächterrat wird den Beschluss ablehnen.“ Der Skeptiker sollte Recht behalten: Gestern wies das von islamistischen Konservativen beherrschte Gremium die Konvention ab. Der Wächterrat muss jedem vom Parlament verabschiedeten Gesetz zustimmen.

Dem Beschluss des Parlaments waren heftige Debatten vorausgegangen. Die Konservativen, die im Parlament die Minderheitenfraktion stellen, waren der Ansicht, dass die Konvention sich in weiten Teilen gegen das islamische Recht, wie etwa das Erb- oder Sorgerecht richte.

Einige Ajatollahs und ihre Schüler in der heiligen Stadt Ghom bezeichneten den Beschluss als Verstoß gegen die „göttlichen Werte des Islams“. Ali Darabi, der Vizevorsitzende der einflussreichen Dschamiate Issargarane Enghelabe Eslami (Gemeinschaft der Opferbereiten der islamischen Revolution) meinte, die Konvention basiere auf Liberalismus, Laizismus und dem westlichen Materialismus. Die Zustimmung zu der Konvention sei gleichzusetzen mit einem Verzicht auf göttliche Gesetze. „Die Würde des Islams veranlasst uns, laut zu schreien, dass keine Idee höher ist als der Islam. Der Islam ist der beste Garant der Frauenrechte“, sagte er.

Demgegenüber verteidigten die Reformer den Parlamentsbeschluss. Die Anwältin und Frauenrechtlerin Schirin Ebadi sagte der Nachrichtenagentur Ilna, die Ablehnung der UN-Konvention könne nicht mit dem Hinweis auf die Grundsätze des Islam begründet werden. „Es ist die herrschende patriarchale Kultur, die sich in den bestehenden Gesetzen niederschlägt und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verhindert. Der Islam ist nur ein Vorwand“, sagte sie. „Die Hälfte der iranischen Bevölkerung sind Frauen. Frauen machen 63 Prozent unserer Studentenschaft aus. Warum soll das Blutgeld (Zahlung an die Familie eines Ermordeten) einer Frau halb so viel wert sein, wie das eines Mannes? Warum kann der Mann seine Frau ohne jede Begründung verstoßen wann immer er will, und warum bleibt nach der Scheidung das Sorgerecht bei Vätern?“ All dies habe mit dem Islam wenig gemein, sagte Ebadi. Der Islam sei die Religion der Gleichberechtigung.

Der Wächterrat begründete sein Votum damit, dass Artikel 28 der Konvention jeden Zusatz, der den Grundsätzen sowie dem Geist der Konvention widerspricht, ablehnt. Dies würde bedeuten, dass man im Falle der Unterzeichnung die Konvention höher bewerten müsste als das islamische Recht, was für einen islamischen Staat nicht akzeptabel sei. Gleichzeitig mit der Konvention zur Gleichberechtigung lehnte der Wächterrat auch den Beschluss des Parlaments, die UN-Konvention gegen jegliche Form der Folter zu unterzeichnen, ab. BAHMAN NIRUMAND