Nachträglicher Beweis

Uni-Leitung unter Druck: Schon 30 Professoren gegen Ehrendoktorwürde für russischen Kremlchef. Uni-Vize Hansmann: „Putin wird ja nicht für Präsidentschaft geehrt“

Der Streit an der Hamburger Universität um die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Russlands Präsidenten Wladimir Putin verschärft sich. „Herr Putin ist schließlich kein Terrorist, sondern ein Staatsmann“, versuchte gestern Hochschul-Vizechef Karl-Werner Hansmann die Empörung über die Würdigung des Kremlchefs zu beschwichtigen. Unterdessen haben bereits mehr als 30 Professoren die Protestresolution des Politikwissenschaftlers Michael Greven unterzeichnet, die Putins Ehrung etwa wegen dessen Tschetschenienpolitik und Unterdrückung von Presse und Opposition ablehnt.

Wie berichtet, will der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften dem Ex-KGB-Offizier die Ehrendoktorwürde verleihen. Der Dekan der Sozialwissenschaften Greven startete dagegen eine Unterschriftenaktion mit der Begründung, wegen der „Verwicklung Russlands in einen völkerrechtswidrigen Krieg in Tschetschenien“ sei die Ehrung „unangebracht“. Zugleich nehme Russland unter Putin „zunehmend autoritäre Züge an“. Während die Opposition aus SPD und GAL Grevens Kritik stützt, verteidigte die regierende CDU-Fraktion im Abendblatt die Ehrung Putins als „voll und ganz gerechtfertigt“.

Dieser bekommt den Doktor „schließlich nicht wegen seiner Präsidentschaft“, versicherte Uni-Vizechef Hansmann gegenüber der taz, „sondern nur in der Ökonomie.“ Der 51-Jährige habe sich noch als stellvertretender Oberbürgermeister von Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg beim Umbau des sozialistischen Systems zur Marktwirtschaft „herausragend“ verdient gemacht, erklärte Hansmann. Kritiker Greven wunderte sich gestern über das Argument: „Das ist eine nachgeschobene Begründung, die bisher nie in der Öffentlichkeit verwandt wurde.“ Zudem sei die Ehrendoktorwürde „immer auf die Gesamtpersönlichkeit zu beziehen“.

Die Ehrung des russischen Präsidenten soll am 9. oder 10. September im Ostflügel des Uni-Hauptgebäudes erfolgen, wenn Putin anlässlich des deutsch-russischen Gesprächsforums „Petersburger Dialog“ sowieso in Hamburg ist. Einen Bericht des Spiegel, demnach die Uni-Leitung aus Sorge vor Störungen durch Menschenrechtsorganisationen erfolglos versucht habe, die Ehrung Putins ins Rathaus zu verlegen, wies Vizechef Hansmann zurück: „Das ist ein reines Gerücht.“ EVA WEIKERT