„Briefe mit Geld sind leicht zu erkennen“

Wegen Diebstahls und Verletzung des Postgeheimnisses ist gestern eine Frau aus Stuhr vor dem Bremer Amtsgericht verurteilt worden. Während sie bei der Post arbeitete, hatte sie mindestens 18 Briefe aussortiert und mit nach Hause genommen

BREMEN taz ■ Die Anklage lautete auf 18 Straftaten in nur zwei Monaten. 18 Briefe, gestand die Angeklagte dann auch, habe sie zwischen Dezember 2003 bis Februar dieses Jahres während ihrer Arbeit bei der Post entwendet. Alle waren mit Geld gefüllt, mit Scheinen im Wert von fünf bis 100 Euro.

Verurteilt wurde sie allerdings nur für den Diebstahl von 16 Briefen. Nachdem mehrere Absender den Verlust gemeldet hatten, verschickte die Post zwei Briefe nämlich selbst. Mit verhängnisvollem Inhalt für die Angeklagte: Die in den Sendungen enthaltenen Geldscheine waren mit Silbernitrat präpariert und überführten die bei der Post Beschäftigte schließlich. Bei ihr zu Hause im Altpapier fand die Polizei dann auch die Reste der 18 Briefe.

„Vielleicht gab‘s noch ein paar mehr“, sagte die Angeklagte. Aber in denen habe kein Geld gesteckt. Außerdem habe sie nur welche aus dem Fach mitgenommen, in dem schwer zustellbare Sendungen landeten, verteidigte sie sich gestern vor dem Amtsgericht Bremen. Auf jeden Fall sei es sehr einfach gewesen, die Briefe in die eigene Tasche zu stecken, erklärte die Mutter von vier Kindern. „Da guckt niemand.“

Im Mai vergangenen Jahres hatte die ausgebildete Fleischfachverkäuferin eine Stelle bei der Post bekommen. Nicht als Angestellte der Deutschen Post AG, sondern als von einer Vermittlungsfirma entliehene Arbeitnehmerin. Bei der Bremer Post sortierte sie die eintreffenden Sendungen nach Zustellungsbereichen. „Aus Neugierde“ habe sie vor Weihnachten begonnen, besonders dicke Briefe in einen Extra-Korb zu sortieren. „Briefe, die Geld enthalten erkennt man leicht. Meist daran, dass sie Glückwunschkarten erhalten“, erklärte sie. „Oder durch die besondere Schriftart alter Leute?“, ergänzte der Richter fragend. Geständiges Nicken auf der Anklagebank. Ebenfalls erst auf Nachfrage benannte die Angeklagte ihre finanzielle Situation mit „eher zu wenig“. Ihr Ex-Mann zahle den Unterhalt für die Kinder oft unregelmäßig. Als Entschuldigung benutzte sie das nicht: „Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe.“

Ihre Geständigkeit und offensichtliche Reue bewertete der zuständige Staatsanwalt als strafmildernd. Er forderte ein Strafmaß von 90 Tagessätzen à 20 Euro. Der entstandene Schaden durch die Beute von insgesamt 600 Euro sei zwar nicht groß. Aber es sei davon auszugehen, dass die Angeklagte einen größeren Geldbetrag genauso an sich genommen hätte. Aus diesem Grund und weil es nicht nur um den Diebstahl des Geldes, sondern auch um die Verletzung des Postgeheimnisses gehe, fällte der Richter letztendlich ein etwas härteres Urteil: 140 Tagessätze zu je 15 Euro, zu zahlen in Monatsraten. Damit berücksichtigte er einerseits die Situation der Frau. Sie hat nach der sofortigen Kündigung durch Post und Vermittlungsagentur im Gastronomiebereich zwar wieder Arbeit gefunden, ist aber noch in der Probezeit. Andererseits betonte der Richter jedoch: Solche Delikte seien nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und müssten durchaus „streng“ bewertet werden, „weil dadurch das Vertrauen in die Post ganz empfindlich gestört wird.“

Über die gestern verhandelten 16 Briefe hinaus seien im vergangenen Jahr noch weitere Verluste gemeldet worden, sagte ein Sprecher der Post. Die angezeigte Schadenshöhe wollte man dort allerdings nicht nennen. Nur so viel: Seit die nun Verurteilte nicht mehr bei der Bremer Post beschäftigt gewesen ist, seien die Verlustmeldungen zurückgegangen. Außerdem gebe es einen Securitydienst, der auch die bei der Post Beschäftigten bewache. Und noch eins betonte der Post-Sprecher: „Wir empfehlen, überhaupt kein Geld in Umschlägen zu verschicken.“ Außer in den teureren Express-Sendungen. Die seien bis zu 500 Euro versichert.

Imke Schridde